Quito.

So allmählich kommen wir richtig an in Ecuador. Die sieben Stunden Zeitunterschied sind zwar noch nicht ganz überwunden, was vormittags im Sprachkurs deutlich feststellbar ist:  Vier Stunden ziehen sich ganz schön hin, und es fällt nicht immer leicht, aufmerksam zu bleiben. Jetzt können wir uns mal richtig in unsere Schüler hineinversetzen! Trotzdem haben wir das Gefühl, dass es mit der Sprache Stück für Stück vorangeht – als wir zu den Vokabeln für Früchte und Gemüse kommen, gelingt es uns immerhin, unserer staunenden Spanischlehrerin Angelica zu erklären, dass in Deutschland Mais zu einem erheblichen Teil angebaut wird, um damit Biogas zu produzieren.

Als um halb eins der Unterricht beendet ist, machen wir uns heute auf, Quitos als UNESCO-Weltkulturerbe geadelte Altstadt näher zu erkunden. Gut, dass unsere Sprachschule nur zwei Minuten von der Plaza del Teatro mit dem neoklassizistischen Sucre-Theater entfernt ist, dem größten des Landes übrigens: So sind wir gleich mittendrin im Zentrum und tauchen ein in die Atmosphäre dieser wunderschönen Kolonialstadt, in der uns gleichwohl in vielen Details bewusst wird, dass der Lebensstandard im Vergleich noch sehr niedrig ist – „Waschsalons“, in denen die Wäsche per Hand geschrubbt werden muss, Plastikbecher im Restaurant oder einmal Haareschneiden für 1,50 Dollar sind nur ein paar Beispiele.

Das Teatro Sucre ist das größte des Landes
Das Teatro Sucre ist das größte des Landes

In Quito stolpert man an jeder Straßenecke über eine Sehenswürdigkeit. Wir steuern aber zuerst einmal auf die gewaltige doppeltürmige Basilica del Voto Nacional zu: ein neugotischer Riesenbau im Nordosten der Altstadt, der erst vor etwa 20 Jahren vollendet wurde und vor allem wegen der fantastischen Aussicht, die sich von hier oben auf weite Teile der Stadt bietet, einen Besuch lohnt.

Die neugotische Basilica del Voto Nacional
Die neugotische Basilica del Voto Nacional

Von oben wird uns die unvergleichliche Lage der ecuadorianischen Hauptstadt erst so richtig bewusst. Sie zieht sich über viele Kilometer ein schmales Längstal, das Guayllabamba-Becken, entlang. Da der Talboden bereits auf 2.850 Metern Höhe liegt, erreichen die umliegenden Berge, deren Hänge sich die Siedlung der Stadt hinaufziehen, häufig Höhen von mehr als 4.000 Metern.

Quitos Wohngebiete ziehen sich weit die umgebenden Berge hinauf
Quitos Wohngebiete ziehen sich weit die umgebenden Berge hinauf

Quitos Altstadt liegt im Süden dieses Tals und findet ihre Begrenzung im Panecillo, dem „Brötchen“ genannten und seit 1976 von der überdimensionalen Statue Jungfrau von Quito gekrönten Hausberg, der das Stadtbild unverwechselbar werden lässt.

Quito in seiner ganzen Schönheit: Altstadt und Panecillo
Quito in seiner ganzen Schönheit: Altstadt und Panecillo

Wir gehen die Calle Venzuela wieder bergab und gelangen zur sehr lebendigen Plaza Grande. Hier ballt sich die weltliche und kirchliche Macht: Im Norden wird der palmenbestandene Platz vom Erzbischöflichen Palast begrenzt, im Westen steht der Präsidentenpalast und im Süden die Kathedrale – ein äußerst sehenswertes Ensemble von Prachtbauten, das das unbestrittene Herz Quitos bildet.

Ecuadors Präsidentenpalast an der Plaza Grande
Ecuadors Präsidentenpalast an der Plaza Grande

Doch es gibt noch mehr sehenswerte Plätze in der Stadt: Die Plaza Santo Domingo zum Beispiel mit der gleichnamigen Kirche, desgleichen die Plaza San Francisco, ebenfalls dominiert vom großartigen Kloster- und Kirchenensemble.

Die Iglesia de Santo Domingo geht auf das 16. Jahrhundert zurück
Die Iglesia de Santo Domingo geht auf das 16. Jahrhundert zurück

Apropos San Francisco: An das Stadtbild der kalifornischen Metropole fühlen wir uns in Quito stark erinnert. Auch hier zieht sich das schachbrettförmige Straßengitter über die Hügel der Stadt und lässt grandiose Bilder von steil abfallenden bzw. ansteigenden Straßenschluchten entstehen.

Wie in San Francisco: Steil führen die Straßenschluchten über Berg und Tal
Wie in San Francisco: Steil führen die Straßenschluchten über Berg und Tal

Zu einem letzten Höhepunkt der heutigen Runde durch die Stadt wird der Besuch in der Iglesia de la Merced. Die prunkvolle und gleichzeitig harmonische, in Gold glänzende Innenausstattung der Barockkirche begeistert uns und lässt uns vermuten, dass wir damit die in Reiseführern häufig abgebildete „Goldkirche“ von Quito bereits gefunden haben. Daheim lesen wir nach: Diese überreich verzierte Kirche ist in Wirklichkeit die La Compañía de Jesús, an der sind wir heute noch gar nicht vorbeigekommen. Von der Merced erzählt unser Reiseführer gar nichts… – eigentlich ungerecht.

Barocke Kolonialpracht in der Iglesia de La Merced
Barocke Kolonialpracht in der Iglesia de La Merced