Puerto Ayora.

Wir frühstücken in einer Cafeteria, von deren Balkon aus wir einen tollen Blick auf den Hafen von Puerto Ayora genießen. War es gestern stark bewölkt, so kündigt sich heute ein wunderschöner Sonnentag bei sehr angenehmen Temperaturen an. Der Humboldtstrom mäßigt auch auf den Galápagos-Inseln trotz der äquatorialen Lage das Klima. Überhaupt kein Vergleich mit der tropischen Hitze, die wir auf Bali und Sansibar, zwei Inseln fast auf dem gleichen Breitengrad, erlebt haben!

Frühstück mit Hafenblick in Puerto Ayora
Frühstück mit Hafenblick in Puerto Ayora

Kurz vor elf Uhr verlassen wir mit Sack und Pack das Hostel „El Descanso del Petrel“ und begeben uns an die Hafenmole. Es gibt nichts zu tun als ein bisschen aufs Wasser hinauszuschauen, den Tieren zuzugucken und zu warten, bis wir eine Stunde später von unserem Guide Fabián abgeholt und mit einem kleinen Zubringerboot zur Yacht „Xavier III“, unserem schwimmenden Zuhause für die nächsten vier Tage, gebracht werden.

Unser schwimmendes Zuhause für vier Tage: die Yacht Xavier III
Unser schwimmendes Zuhause für vier Tage: die Yacht Xavier III

An Bord geht es sehr familiär und zwanglos zu: Fabián erklärt den 16 Passagieren – außer uns fünf Schweizer, vier Kanadier, drei Franzosen und zwei US-Amerikaner – die wichtigsten Regeln, danach wird das Mittagsbuffet angerichtet, und anschließend bleibt noch etwas Zeit zum Erholen, bevor wir um zwei Uhr nachmittags zu einem ersten Landausflug an die Bushaltestelle gebracht werden. Der Weg führt hinauf ins grüne Hochland von Santa Cruz, zur Farm „El Chato“ in der Nähe des kleinen Ortes Santa Rosa. Dank der lichten, nur von einzelnen Bäumen bestandenen Weideflächen findet man hier problemlos die Riesenschildkröten, die zu Symboltieren für die gesamte Inselgruppe wurden und ihnen auch den Namen gaben: „Galápagos“ bedeutet auf Spanisch nämlich Sattel, und damit verglichen die Entdecker der Inseln die eigentümlich geschwungene Form der Panzer, die die gewaltigen Echsen mit sich herumtragen.

Lichtes Weideland - ein idealer Lebensraum für die Riesenschildkröten
Lichtes Weideland – ein idealer Lebensraum für die Riesenschildkröten

Die Farm gehört zu den drei Prozent der Landfläche, die als von Menschen bewohntes und genutztes Gebiet außerhalb des Nationalparks liegen, der sonst alle Inseln komplett umfasst. Dennoch leben die hier zu sehenden Schildkröten völlig frei. Seit einigen Jahrzehnten müssen die Weidezäune, innerhalb derer Kühe, Ziegen oder Schafe grasen, so beschaffen sein, dass sie vom Boden weg mindestens 60 Zentimeter Freiraum lassen, damit die gepanzerten Reptilien ungehindert wandern können. Sechs bis sieben Kilometer können die Schildkröten durchaus zurücklegen – im Jahr, wohlgemerkt. Sie führen ein Leben in Zeitlupe; das wird bei jeder Bewegung deutlich, sofern die Riesenschildkröten nicht einfach nur daliegen und dösen.

Im Schlammtümpel eingeschlafen: Das lange Leben der Riesenschildkröten verläuft sehr gemächlich
Im Schlammtümpel eingeschlafen: Das lange Leben der Riesenschildkröten verläuft sehr gemächlich

Die innere Ruhe, die diese urtümlichen Tiere ausstrahlen, ist vielleicht auch der Grund für ihre Langlebigkeit: 150 Jahre beträgt ihre Lebenserwartung im Schnitt, erläutert uns Fabián. Heute sind die Panzerechsen streng geschützt, doch das war nicht immer so: In früheren Jahrhunderten entdeckten Seefahrer, nicht zuletzt Piraten, dass die Schildkröten monatelang ohne Wasser und Nahrung überleben konnten. Damit waren sie ideal als lebende Essensvoräte während der langen und gefährlichen Schiffsreisen. Von Wissenschaftlern ausgewertete Logbücher belegen, dass insgesamt mindestens 200.000 Tiere in den Kochtöpfen der Schiffskombüsen landeten! Kein Wunder, dass der Bestand stark zurückging und einzelne Arten inzwischen ganz ausgestorben sind. So war der 2012 im Alter von 153 Jahren in der Charles-Darwin-Forschungsstation verstorbene, weltbekannte „Lonesome George“ der letzte Vertreter seiner Gattung. Heutzutage zählt man auf allen Inseln wieder 22.000 Exemplare. Auch die einheimische Bevölkerung, auf deren Speisezettel bis vor wenigen Jahrzehnten Schildkrötenfleisch stand, hat davon mittlerweile Abstand genommen. Diesbezüglich haben die Bemühungen der Nationalparkverwaltung also schon nachhaltige Erfolge gezeitigt.

Dank strenger Schutzmaßnahmen hat sich der Bestand der Riesenschildkröten erholt
Dank strenger Schutzmaßnahmen hat sich der Bestand der Riesenschildkröten erholt

Etwas anders sieht es bei den Neozoen aus: Zum Beispiel brachte der Mensch, der die zuvor unbewohnten Inseln im 19. Jahrhundert besiedelte, vom Festland zahlreiche Baumarten mit, die die einheimischen Pflanzenarten verdrängten. Auf den Territorien des Nationalparks werden diese Bäume mittlerweile konsequent gerodet. Doch was auf dem Privatgrund von Farmern steht, kann von der Umweltbehörde nicht angetastet werden – und damit wird immer wieder auch der Samen dieser inselfremden Gewächse weitergetragen.

Fabián führt uns anschließend noch in eine Lavahöhle. Die Galápagos-Inseln sind allesamt vulkanischen Ursprungs, und allein auf Santa Cruz gibt es Dutzende dieser Lavahöhlen. Sie entstanden bei Vulkanausbrüchen, als die glühende Lava bergab floss und dabei oben schneller erkaltete als weiter unten. Das Resultat: Die „Hülle“ erstarrte, darunter floss das geschmolzene Gestein weiter talwärts und hinterließ die Höhlen.

Lavahöhlen, wie hier bei El Chato, zeugen vom vulkanischen Ursprung der Galápagos-Inseln
Lavahöhlen, wie hier bei El Chato, zeugen vom vulkanischen Ursprung der Galápagos-Inseln

Auf dem Rückweg zur Farm geschieht ein Missgeschick: Eine betagte Kanadierin aus unserer Gruppe stolpert, fällt unglücklich hin und verletzt sich im Gesicht und am Arm. Während wir nach der Rückkehr nach Puerto Ayora eine Stunde Zeit haben, um wie gestern das rege Treiben am Fischerhafen zu begutachten und shoppen zu gehen, wird die Kanadierin währenddessen im Hospital verarztet. Zum Glück ist nichts gebrochen, sie kann die Kreuzfahrt wie geplant mitmachen. Die soll heute um Mitternacht erst so richtig beginnen – bis dahin liegt unser Schiff noch in Puerto Ayora vor Anker.

Wunderbare Abendstimmung im Hafen von Puerto Ayora
Wunderbare Abendstimmung im Hafen von Puerto Ayora