Puerto Baquerizo Moreno.
Fabián hat es schon beim täglichen Briefing vor dem Abendessen angekündigt, und es bewahrheitet sich nachts dann auch: Die Passage von Floreana, auf manchen Karten auch unter dem Namen Santa María zu finden, nach Española wird ziemlich unruhig. Es schaukelt gewaltig hin und her; der Grund dafür sind die Meeresströmungen, die wir bei dieser Fahrt in West-Ost-Richtung kreuzen, anstatt wie bisher in Nord-Süd-Richtung mit ihnen mitzudriften. So ist der Schlaf unruhig, außerdem ziemlich kurz, denn schon um 6.30 Uhr gibt es heute Frühstück. Grund dafür ist unser Landgang an der Punta Suárez, an der Ostspitze Españolas gelegen. Die unbewohnte Insel ist die südlichste und geologisch älteste des gesamten Galápagos-Archipels. Sie ist äußerst tierreich und darf jeweils nur von einer Besuchergruppe betreten werden; wir müssen um zehn Uhr wieder weg, also heißt es früh an Bord der Zubringerboote zu gehen, die uns hier – welcher Luxus! – sogar an einer kleinen betonierten Mole aussteigen lassen, was uns die in den letzten Tagen praktizierte „nasse Landung“ erspart. Aber erst einmal muss Fabián die Treppen freibekommen: Zwei Seelöwen haben sich es hier nämlich gemütlich gemacht und sind erst durch wiederholtes Rufen und Klatschen dazu zu bewegen, einen Schritt zur Seite zu rutschen, um uns an Land gehen zu lassen.

Wir brauchen gar nicht weit zu gehen, schon bekommen wir eine Vorstellung davon, was einen Besuch auf Española so unvergesslich macht. Spottdrosseln hüpfen neugierig um uns herum, ein vielleicht drei Tage altes Seelöwenbaby liegt zwischen den Felsen, und zwischen schwarzen Lavasteinen drängen sich Dutzende von imposanten, rot-schwarz gefleckten Landleguanen.

Sahen wir bisher nur einige wenige von ihnen, so begegnen wir hier fast hinter jedem zweiten Strauch einer neuen Kolonie dieser urzeitlich wirkenden Tiere. Und wir erleben noch mehr Seelöwennachwuchs. Am eindrucksvollsten ist ein Neugeborenes, das von seiner Mutter gerade intensiv beschnuppert und liebkost wird. Der Winzling, nach Einschätzung von Fabián vielleicht mal eine Stunde auf der Welt, ist selbst aber auch schon sehr aktiv!

Wir laufen den steinigen Pfad entlang bis zu einer gut zehn Meter hohen Klippe und sind urplötzlich im Seevogelparadies. Grauschwarze Möwen mit rotgeränderten Augen gehören hier ebenso zum Spektrum der zahllosen Federtiere wie Nazca-Tölpel und Blaufußtölpel. Dazwischen natürlich ständig Leguane und Seelöwen – und wir Besucher staunen über die völlige Furchtlosigkeit der Tiere, die sich von uns Menschen überhaupt nicht stören lassen. Sie haben keine natürlichen Feinde und reagieren deswegen auch dann nicht schreckhaft, wenn man direkt an ihnen vorbeiläuft.

Das gilt auch für die Albatrosse, die hier auf der steinigen, von Büschen durchzogenen Ebene brüten und ihre Jungen aufziehen. Es ist beeindruckend, die gewaltigen Vögel so nahe beobachten zu können!

Dazu genießen wir die spektakuläre Szenerie an der Steilküste, wo der Pazifik tosend anbrandet und ein schmaler Spalt für einen geysirartigen Effekt sorgt: Jede Welle schießt durch den Schacht nach oben und erzeugt dadurch eine viele Meter hohe Fontäne – bei Sonnenschein, wie wir ihn an diesem Punkt erleben, ist gleich noch ein Regenbogen mit inbegriffen!

Zurück an Bord, haben wir etwas Freizeit. Unser Boot navigiert zu dem kleinen, Española im Norden vorgelagerten Felseneiland Isla Gardner. Dort haben wir nach dem Mittagessen noch einmal Gelegenheit zum Schnorcheln. Es gibt hier eine tolle, steil ins Meer abfallende Steilküste und zwei interessante Meereshöhlen, so viele Fische wie an den beiden anderen Tagen sehen wir heute jedoch nicht.

Umso schöner ist der anschließende Ausflug an die wieder auf Española liegende Bahía Gardner – ein echter Traumstrand mit türkisfarbenem Wasser, einem herrlich weißen Sand und keiner Menschenseele außer uns.

Natürlich die Seelöwen nicht zu vergessen, die sich die Sonne auf den Pelz scheinen lassen und die menschlichen Badegäste zwar interessiert, aber überhaupt nicht irritiert zur Kenntnis nehmen. Viel zu schnell ist die Stunde vorüber; wir müssen zurück zum Schiff, das die Anker lichtet und Kurs auf San Cristóbal, die drittgrößte der Galápagos-Inseln, nimmt.

Abends liegen wir dann bereits im Hafen von Puerto Baquerizo Moreno, dem Hauptort von San Cristóbal und gleichzeitig Sitz der Galápagos-Provinzregierung. Leider hat sich die Stimmung unter den Passagieren etwas eingetrübt: Dass am Ende einer solchen Fahrt Trinkgelder für Guide und Besatzung üblich sind, wissen wir alle. Aber die Empfehlungen, die da auf einem Infoblatt der Reederei aufgeführt sind, erscheinen uns zu hoch. Von 20 bis 25 Dollar pro Tag und Person ist da die Rede; auch Fabián nennt bei der allabendlichen Besprechung ganz offen diesen Betrag und begründet ihn mit den hohen Lebenshaltungskosten auf den Inseln. Die vier Kanadier ausgenommen, sind alle anderen aber mit Last-Minute-Angeboten aufs Schiff gekommen. Schweizer, Franzosen und Amerikaner sind junge Traveller, die ebenso wie wir genau kalkulieren müssen, was sie ausgeben können. Wir einigen uns darauf, was wir geben wollen und werden morgen diesen von uns selbst festgelegten Betrag in die vorbereiteten Kuverts stecken. Es geht übrigens auch anders: Wir haben auch schon Reisen erlebt, bei denen die erwarteten Trinkgelder bereits vorher in den Reiseunterlagen angegeben waren. Da konnte man sich zumindest rechtzeitig darauf einstellen…