Chachapoyas.
Ursprünglich hatten wir vorgehabt, schon heute von Chachapoyas wieder abzureisen. Doch hier in der Umgebung gibt es so viel Interessantes zu entdecken, dass wir unser Zimmer im Hostal Revash um eine Nacht verlängert und einen weiteren Tagesausflug gebucht haben. Wieder geht es um halb neun los, wieder steigen wir in denselben Kleinbus ein, wieder sind wir die einzigen Ausländer an Bord, unter den Peruanern viele Bekannte von gestern. Diesmal ist die Anfahrt etwas kürzer: Eine gute Stunde brauchen wir bis nach Cocachimba, einem kleinen Dorf, das man vom tief in die Berge eingeschnittenen Tal des Utcubamba über eine kurvige, gewundene Schotterpiste erreicht.

Diese Straßenverbindung gibt es noch gar nicht so lange: Cocachimba und seine Nachbardörfer Coca und Gocta liegen so abgeschieden und versteckt, dass sie noch vor 15 Jahren nur zu Fuß oder mit dem Pferd erreichbar waren. Fremde verirrten sich hierher überhaupt nicht, und selbst die Städter aus dem nahen Chachapoyas hatten keinen Grund, in diese entlegenen Bergdörfchen zu reisen. So kam es, dass die Einheimischen wegen einer seit Urzeiten überlieferten Legende niemandem davon erzählten, dass einige Kilometer hinter ihren Dörfern, am Ende eines dicht bewaldeten Tales, ein gigantischer Wasserfall aus den Bergen herabstürzt. In der Lagune am Fuß des Wasserfalls wohnt nämlich der Sage nach eine schöne Sirene, die als Beschützerin der Fische und Hüterin eines Goldschatzes gilt. Wer sich in ihre Nähe wagt, der riskiert sein Leben. Es war ein deutscher Entwicklungshelfer, der 2002 im Rahmen eines Trinkwasserprogramms hierher kam, den Wasserfall sah, von ihm begeistert war und 2006 mit einem peruanischen Forschungsteam zurückkehrte, um eine genaue Messung der Höhe vorzunehmen. Ein Bericht, der darüber in der Berliner Zeitung „Tagesspiegel“ erschienen ist, ist online immer noch unter http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/deutscher-entdeckt-grosswasserfall/695674.html nachzulesen.

Das Ergebnis war sensationell: Mit 771 Metern hatte man hier den dritthöchsten Wasserfall der Erde entdeckt! In zwei Stufen stürzt er aus einer Höhe von 2.500 Metern ins Tal. Die peruanische Regierung erkannte das Potenzial dieses Naturwunders für den Tourismus und überzeugte auch die Dorfbewohner davon, nicht weiter an ihren alten Mythen festzuhalten. Mit Erfolg: Mittlerweile stehen in Cocachimba viele moderne Gebäude, es gibt Strom- und Wasseranschluss; das Dorf hat binnen weniger Jahre den Weg aus dem Mittelalter in die Neuzeit gefunden.

Um der lokalen Bevölkerung die Möglichkeit zu bieten, vom Fremdenverkehr zu profitieren, wird ein Eintritt in Höhe von 10 Soles (ca. 2,70 Euro) erhoben; jede Reisegruppe muss zusammen mit einem örtlichen Führer die Wanderung zum Gocta-Wasserfall antreten, wie er inzwischen nach dem Namen eines der Dörfer benannt wurde; und mit Restaurants, Souvenirläden, kleinen Lebensmittelgeschäften und sogar einer Lodge hat sich in Cocachimba mittlerweile eine solide Infrastruktur für den Tourismus entwickelt.

Der Guide, der unsere Gruppe in Richtung Wasserfall geleitet, erklärt uns die Entwicklung seines Dorfes so: „Früher haben wir hier nur Zuckerrohr und Mais angebaut!“ Eine Erfolgsgeschichte auch für ihn persönlich, denn natürlich ist es angenehmer und ertragreicher, Touristen zu führen als sein Dasein als kleiner Bergbauer zu fristen. Wobei: Eigentlich ist ein Führer nicht notwendig. Allzuviel zu erklären gibt es nicht, und auf dem fünfeinhalb Kilometer langen Wanderweg, der für die Besucher aus nah und fern angelegt wurde, kann man sich wirklich nicht verlaufen.

Es ist allerdings durchaus kein Spaziergang! Ständig geht es bergauf und bergab, weil mehrere kleine Wasserläufe auf Brücken, einmal sogar einer schönen Hängebrücke, überquert werden müssen. Da wir hier „nur“ auf etwa 1.700 Metern Seehöhe unterwegs sind, immerhin 600 Meter tiefer als Chachapoyas, ist es auch um einiges wärmer, und man kommt unterwegs ganz schön ins Schwitzen.

Allerdings kriegen wir gerade auf dem Hinweg gar nicht so viel vom Weg und dem immer üppiger werdenden Wald mit, weil wir uns ständig in Anfänger-Spanisch mit unseren liebenswerten peruanischen Mitfahrern unterhalten. Und immer wieder gibt es Gruppenfotos…

Als wir den Wasserfall erreicht haben, wird die Temperatur gleich deutlich kühler – das kalte Wasser, das hier in die Lagune herunterrauscht, sorgt für ein ganz spezielles Mikroklima. Es ist ein unglaublich beeindruckendes Bild, die Kaskaden über hunderte von Metern herabstürzen zu sehen, auch wenn wir hier, direkt am Gocta-Wasserfall, „nur“ die zweite, 540 Meter hohe Stufe sehen können.


Ein paar kälteresistente Jugendliche baden sogar kurz in der Lagune – natürlich muss das alles im Bild festgehalten werden! Doch das Beeindruckendste hier ist die wunderschöne Umgebung: Sattes Grün begleitet den aus dem Wasserfall entspringenden Fluss auf seinem Weg in Richtung Tal.

Gerne würden auch wir den Rückweg talwärts antreten – doch der führt natürlich erneut hinauf und hinunter, und wir haben das Gefühl, heute einiges geleistet zu haben, als wir gegen 15 Uhr wieder zurück in Cocachimba sind und das wohlverdiente, verspätete Mittagessen zu uns nehmen.

Hallo Urlauber,
jetzt muss ich mich doch auch mal als regelmäßiger Leser eures Reiseblogs outen, der ist wirklich eine willkommene Abwechslung im Büroalltag!
Ich war ja nach unserem Südengland-Urlaub noch eine Woche in Norwegen beim Angeln, das war wirklich gut! Leider wird der mitgebrachte Fisch nicht „überleben“ bis Ihr wieder zu Hause seid, sonst hättet Ihr Evi’s Kochkunst mal wieder erleben dürfen.
Aber kulinarisch scheint’s euch ja auch so richtig gut zu gehen. Vor allem die Meersau würde mich da spontan auch ansprechen, wir müssen immer mit singularis porcus vorlieb nehmen:-)
Ansonsten: Keine Ahnung, ob Ihr den Alltag in der Heimat noch einigermaßen im Blick habt, aber letztes WE hat TT wieder angefangen, unser „Einser“ hat schwer gefehlt…
Gruß und weiterhin eine schöne Zeit!
Roland
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Servus Roland,
kein Problem mit dem Fisch… hier gibt’s auch guten, hab gestern nach dem Wandern eine frische Bergforelle gegessen, schmeckt einwandfrei…
Ja, die Meersau war ein wirklich neues kulinarisches Erlebnis. Hab’s mir beim Schreiben schon gedacht: Daheim werden viele sagen: „Wie kann man bloß?“, aber der Roland wird sich denken, das wäre doch auch mal was. Richtig geraten!
Das Ergebnis aus Holzheim hab ich schon nachgelesen. Schade, aber ihr holt schon noch die nötigen Punkte!
Es freut uns auf jeden Fall sehr, dass du jetzt auch zu unseren treuen „Abonennten“ zählst! Noch eine gute und nicht allzu stressige Arbeitswoche!
LG Jana und Römi
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Wir freuen uns auf alle eure Berichte.
Wir wünschen euch weiterhin alles Gute und schöne Erfahrungen. Nur bei einer Brücke mit Loch würde ich lieber zu Fuß gehen als mit dem Auto fahren.
Bleibt gesund.
LG Mama Hedwig und Papa Franz
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Hallo liebe Eltern,
mitten auf so einer Brücke auszusteigen geht gerade, wenn man im Bus sitzt, dann auch ein bisschen schlecht…
Aber heute haben wir wieder eine atemberaubende Fahrt hinter uns gebracht – mehr als elf Stunden über steilste Pässe und an schwindelerregenden Abhängen entlang – die Fahrer hier verstehen ihr Handwerk wirklich! Bleibt gesund und lest weiter fleißig unsere Berichte!
Viele Grüße aus Peru
Jana und Wolfgang
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Hallo ihr zwei,
bei euch reiht sich ja ein Erlebnis an das andere. Landschaftlich ist es ja überall sehr schön. Kulinarisch weiß ich nicht ob das Meerschweinchen mein Highlight gewesen wäre, obwohl ich ja gern „Schwein“ esse.
Und hat der Schulalltag wieder. Der Stundenplan passt und heute hatten wir eine Konferenz, weil wir ja – wie du weißt- jetzt dann evaluiert werden. Ich denk du bist sicher traurig, dass du nicht dabei bist. 😀
Also weiterhin schöne Zeit und das Schreiben so beibehalten, denn so Kern ich auch ein bisschen die große weite Welt kennen.👍
LG Lioba
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Hallo Lioba,
ich vermisse die Schule wirklich jetzt schon ganz arg… und mit der Evaluation verpasse ich wirklich ein Highlight des Schullebens 😉
Du kriegst von uns jetzt mal eine Auszeichnung als treueste Kommentarschreiberin!
Meerschwein muss man im Übrigen in Peru einfach mal probieren! Es gibt wirklich Schlimmeres – bei Hund und Katze in China hätten wir vielleicht auch gestreikt!
LG Jana und Wolfgang
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Hallo ihr beiden!
Es ist faszinierend zu lesen, was ihr alles in bereits so kurzer Zeit erlebt habt! Und die tollen Fotos, die ihr hier postet – da könnte man tatsächlich neidisch werden…
Hier wird es schön langsam herbstlich, aber das finde ich Ende September auch in Ordnung. Jürgen hat sich auch schon aus Kanada gemeldet.
Wünsche euch noch eine gute Weiterreise und unvergessliche Tage in Peru!
Liebe Grüße
Daniela
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Hallo Daniela,
so einfach ist man heute mit der ganzen Welt verbunden: Der Ruhestandskollege schickt WhatsApps aus Kanada, der „Sabbateur“ postet seine Reiseerlebnisse aus Südamerika…
Ja, hier gibt’s wirklich viel zu entdecken – aber wir sind ja immer noch ziemlich am Anfang. Wenn man auf die Landkarte guckt, dann sind wir ja bis jetzt kaum vorwärtsgekommen!
Den Kollegen in der Schule und auch den Schülern, die mich kennen, schöne Grüße!
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