Cajamarca.

Es ist Zeit für einen entspannten, erholsamen Tag, auch wenn wir den gerne mit Janas Oma verbracht hätten, die heute in Ochsenhausen ihren 90. Geburtstag feiert. Zumindest rufen wir sie in der Früh gleich an; da ist es in Deutschland schon Nachmittag.

Direkt neben unserem Hostel fahren aus einer schmalen Seitenstraße ständig Sammeltaxis in den nur sechs Kilometer außerhalb liegenden Kurort Baños Del Inca. Normaler Durchgangsverkehr ist hier vollkommen unmöglich: Ein „Colectivo“ steht hinter dem anderen, die Busbegleiter rufen „Baños, Baños, Baños!!!“, bis ein Fahrzeug voll besetzt ist; und dann geht die Fahrt, die pro Person 80 Centavos (etwas mehr als 20 Cent) kostet, los. Eine gute Viertelstunde später steigen wir in dem Vorort von Cajamarca aus: Eine große Atahualpa-Statue in einem Park vor dem Rathaus und dem daneben liegenden Thermalbad begrüßt uns.

Er begrüßt uns in "seinem" Bad: Inka Athualpa
Er begrüßt uns in „seinem“ Bad: Inka Athualpa

Mit gutem Grund: Der Überlieferung nach hielt sich der Inka (streng genommen war das nicht der Name des gesamten Volkes, sondern der Titel ihres Gottkaisers) nämlich gerade hier auf, als die spanischen Truppen auf seine Residenz Cajamarca vorrückten. Die heilsame Wirkung der gut 70 Grad heißen Thermalquellen war schon den lokalen Volksgruppen bekannt, die vor dem Einfall der Inkas hier lebten. Prä-Inka-Ausgrabungen, die erst 2001 entdeckt wurden, zeugen davon. Während der Inka-Herrschaft war das Baden in den Thermen ein Privileg des Herrschers und seiner Frauen. Allen anderen war das bei Androhung der Todesstrafe verboten.

Schon die Prä-Inka-Kulturen nutzten die heilenden Kräfte der heißen Quellen
Schon die Prä-Inka-Kulturen nutzten die heilenden Kräfte der heißen Quellen

Heute hat sich das grundlegend gewandelt. Der „Complejo Turístico de Baños del Inca“ steht Besuchern aus nah und fern offen und gilt als eine der bedeutendsten Thermalanlagen von ganz Lateinamerika. Was noch lange nicht heißt, dass Vergleiche mit mitteleuropäischen Spaßbädern angestellt werden dürfen; aber auf einem anderen Niveau als im ecuadorianischen Baños, wo wir vor einem Monat unsere ersten südamerikanischen Badeerfahrungen gemacht haben, befinden sich die Einrichtungen hier allemal.

Hübsche Parkanlage auf dem Thermengelände
Hübsche Parkanlage auf dem Thermengelände

Man muss sich bereits an der Kasse entscheiden, welche Angebote man nutzen möchte. Da gibt es ein Schwimmbecken, verschiedene kleinere Thermalbecken, private Familienbecken, Saunen, Massage und Hydromassage; man kann aber auch ein Ticket für 2 Soles zum Duschen kaufen oder zum Herumlaufen und Fotografieren… Wir beratschlagen und wählen schließlich ein privates Becken aus, das wir für 20 Soles eine Dreiviertelstunde benutzen können; anschließend möchte Jana noch zur Massage, ich will die Hydromassage ausprobieren.

Auf dem weitläufigen Gelände sind die verschiedenen Bereiche jeweils in kleineren Gebäuden untergebracht. Gleich hinter dem Eingang sehen wir einen großen, mit Plastikplane abgedichteten künstlichen Teich und wundern uns, wozu er dienen soll; erst später finden wir heraus, dass hier an Wochenenden motorisierte Schlauchboote Ausflügler umherfahren und dass der Teich mit Fischen besetzt ist, die irgendwann frisch auf den Tellern der örtlichen Gastronomie landen.

Der Teich auf dem Thermengelände
Der Teich auf dem Thermengelände

Im zentralen Bereich sehen wir eine ganze Reihe von dampfenden Becken, doch niemand ist darin zu sehen. Als wir näher kommen, wird uns klar, warum: Hier wird das aus der Erde sprudelnde Thermalwasser eingefasst, und das ist natürlich viel zu heiß, um auch nur den kleinen Finger hineinzustecken. Schilder warnen vor Verbrennungen zweiten und dritten Grades, wenn man das doch tut. Farbenprächtig sind die Becken allerdings – das liegt an den offensichtlich eisenhaltigen Mineralien, die sich ablagern, und an einigen extrem hitzeresistenten Algen, die diese höllischen Temperaturen aushalten.

Mineralische Ablagerungen in den Heißwasserbecken
Mineralische Ablagerungen in den Heißwasserbecken

Wir fragen uns zu den privaten Familienbecken durch. Ein Angestellter sperrt den Raum auf: Er ist mit ein paar Kleiderhaken und einer Bank ausgestattet, dann folgt eine etwa einen Meter hohe Einfassung, links Treppen, um in das Becken steigen zu können, und ein großer Wassereinlass – einfach ein großes Loch in der Wand mit zwei Griffen, die zum Mischen von heißem und kaltem Wasser dienen. Schnell steigt das warme Nass an, und dann müssen wir uns nur noch ins Becken setzen und können entspannen.

Entspannung im warmen Thermenwasser
Entspannung im warmen Thermalwasser

Anschließend laufen wir hinüber zur Massageabteilung. Da ist nur eine einzige Mitarbeiterin anwesend, und die muss gleichzeitig massieren und die verschiedenen Anwendungen für die Hydromassage vorbereiten. Jana kommt gleich zum Massieren dran, ich muss erst einmal eine Zeitlang warten. Als dann die Hydromassage-Becken frei werden und ich in den Raum gebeten werde, höre ich von der Türe jemanden rufen: „Hallo, Wolfgang!“ Ich glaube, ich spinne… wer kennt mich denn hier? Dann sehe ich ihn: Leonardo, einen vielleicht 16jährigen Deutsch-Peruaner, der in Lima lebt. Zur Zeit ist er mit einer Reihe von Mitschülern und Lehrern in Nord-Peru unterwegs – sie zeigen einer Gruppe von deutschen Austausch-Schülern die Schönheiten des Landes. Am Sonntag habe ich mich auf dem Weg zum Wasserfall länger mit ihm unterhalten; und jetzt treffen wir uns hier in Baños del Inca wieder…

Bei einem Kaffee und einem frisch gepressten Fruchtsaft auf dem Balkon des Thermen-Cafés genießen wir den schönen Blick auf das wirklich nett gestaltete Gelände. Zurück in Cajamarca, lassen wir den restlichen Nachmittag ruhig ausklingen – morgen wartet wieder ein langer Reisetag auf uns!

Baños del Inca: Auch die Indigenen nutzen die traditionsreichen Thermalquellen
Baños del Inca: Auch die Indigenen nutzen die traditionsreichen Thermalquellen