Arequipa.
Nach über 13 Stunden im Nachtbus, auf einer Strecke, die bis weit ins Hochland durch Wüste führt, haben wir am Freitagvormittag Arequipa erreicht, die größte Stadt in Süd-Peru. Hier sind wir nun wieder in den Anden, auf gut 2.300 Metern Meereshöhe. Das Klima ist perfekt: Es ist ganzjährig angenehm warm, es regnet nur äußerst selten, doch die Wasserversorgung ist aufgrund der umliegenden Berge und der dort entspringenden Flüsse kein Problem.

Wir haben ja einige Tage Zeit in der Stadt, darum erkunden wir Arequipa so ganz allmählich. Von unserer Unterkunft, dem hübschen, ruhig gelegenen Hotel Palladium, brauchen wir ungefähr eine Viertelstunde, um ins Herz der Stadt zu gelangen. Wer unsere Reise durch Peru genauer verfolgt hat, muss jetzt nicht erst auf den Stadtplan schauen, um zu wissen, welchen Namen der Platz trägt: richtig, Plaza de Armas. Exerzierplatz lautet die deutsche Entsprechung; sie erklärt die Entstehungsgeschichte all dieser peruanischen Kolonialstädte. Die Spanier gründeten die Orte planmäßig im Schachbrettmuster, und da die ersten Bewohner Soldaten waren, nutzten sie den zentralen Platz für ihre Aufmärsche.

Im Falle von Arequipa ist die Plaza de Armas eine sehr großzügige, in der Mitte mit einem Brunnen geschmückte Parkanlage. Sie ist an drei Seiten von hübsch gestalteten, mit langen Bogengängen versehenen Geschäftspassagen umgeben. Bevölkert wird sie nicht nur von zahlreichen Spaziergängern, sondern auch von tausenden von Tauben. Was auf dem Markusplatz in Venedig schon längst nicht mehr erlaubt ist, sichert hier einigen Straßenhändlern ihr täglich Brot: Sie verkaufen Vogelfutter, das bei den Einheimischen reißenden Absatz findet.

Das Prunkstück der Plaza steht an ihrer Nordseite: In gesamter Länge nimmt sie die von zwei Türmen geschmückte Seitenwand der Kathedrale ein. Ihr Bau geht auf das 17. Jahrhundert zurück, doch zwangen Brände und Erdbeben die Verantwortlichen immer wieder zu Renovierungs- und Umbaumaßnahmen. Zuletzt musste nach einem Erdbeben im Jahre 2001 einer der beiden Türme wiedererrichtet werden.

Das Innere der Kathedrale überzeugt durch seine harmonische Farbgebung. Die Ausstattung ist vergleichsweise bescheiden, wenngleich für sie Marmor aus Italien und eine Orgel aus Belgien importiert wurde.

Dass Arequipas Altstadt seit 2000 das Gütesiegel „UNESCO-Weltkulturerbe“ trägt, liegt natürlich nicht nur an diesem Platz und an der Kathedrale. Zahlreiche Straßenzüge sind mit vortrefflich erhaltenen kolonialen Herrenhäusern gespickt; häufig weisen die Fassaden reiche Verzierungen auf und sind mit filigranen eisernen Balkonen geschmückt.

Die Gassen Arequipas durchquerend, gelangen wir zur Puente Grau, die über den im Westen an der Altstadt vorbeifließenden Rio Chili führt. Von hier hat man einen tollen Blick auf die Vulkanberge, von denen Arequipa umgeben ist: Das breite, mehrgipflige Massiv des 6.075 Meter hohen Chachani und der perfekt geformte Kegel des „Hausbergs“ Misti (5.822 Meter).

Am Montag nehmen wir uns einige der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Arequipas intensiver vor. Da liegt zunächst das Museo Santuarios Andinos auf unserem Weg: Vor drei Jahren haben wir in Bozen die alpine Gletschermumie Ötzi besucht, heute lernen wir seine andine Verwandte Juanita kennen. 1995 entdeckte ein Archäologenteam auf dem Vulkan Ampato diese gut 500 Jahre alte Mädchenleiche. Nach weiteren Ausgrabungen auf über 6.000 Metern Höhe kamen anschließend nochmal einige Eismumien ans Tageslicht: Alles Jugendliche zwischen zwölf und 14 Jahren, die von den Inkas den Göttern geopfert wurden. Ein uns grausam erscheinendes Ritual, doch in der Vorstellungswelt der Ureinwohner waren diese Kinder Auserwählte, die dadurch selbst zu Gottheiten wurden. Faszinierend sind beim Gang durch das Museum zum einen die zahlreichen, durch das Eis bestens erhaltenen Funde von Schmuck, Kunstgegenständen, Bekleidungsstücken und Taschen; zum anderen die Vorstellung, wie die Inkas mit ihrer einfachen Ausrüstung in der Lage waren, bis in diese eisigen und lebensfeindlichen Höhen vorzudringen. Weil wir selbst im Museum nicht fotografieren dürfen, habe ich das Bild von Juanita folgender Quelle entnommen: www.laprensa.peru.com.

Gleich hinter der Plaza de Armas befindet sich die Jesuitenkirche La Compañia aus dem 16./17. Jahrhundert mit einer reich verzierten Fassade und einem angegliederten Kloster, das mit zwei detailreich gestalteten Innenhöfen ein architektonisches Kleinod erster Güte ist.

Seine Entstehung geht auf das 18. Jahrhundert zurück.

Woanders wäre dieses Kloster ein ganz besonderer Besuchermagnet, hier in Arequipa verblasst es dagegen hinter dem, was uns hinter den Eingangspforten des Dominikanerinnenklosters Santa Catalina erwartet: Ein mehr als 20.000 Quadratmeter großer Komplex mitten in der Altstadt, der seit dem späten 16. Jahrhundert angelegt wurde.

Die wohlhabenden spanischen Familien gaben „für Gott und Himmelreich“ oft ihre zweiten Töchter in dieses Kloster. Dem Stand entsprechend, lebten die Nonnen in dieser Stadt in der Stadt durchaus in gehobenen Verhältnissen, wenn man den damaligen Lebensstandard zugrunde legt. Die Wohnzellen waren recht geräumig und hatten eigene Küchen; es gab ganze Straßenzüge, entlang derer die Klosterfrauen lebten, ihre Waschräume und Gartenanlagen hatten.

Sogar eine kleine Plaza mit Brunnen, Zocodober genannt, gibt es in Santa Catalina! Natürlich dürfen mehrere schöne Höfe nicht fehlen – etwa der Ruhehof mit dem angegliederten Kultursaal, der blendend blau gestrichene Klosterhof und der äußerst stilvolle Hauptkreuzgang.


Von einem erhöhten Aussichtspunkt genießen wir ein tolles Panorama über Arequipa.

Die Öffentlichkeit darf diesen gewaltigen Baukomplex übrigens erst seit 1970 betreten – zuvor lebten die Nonnen hier abgetrennt vom Rest der Welt. Wobei der Alltag nach den Berichten von Besucherinnen aus früheren Jahrhunderten hier durchaus nicht so asketisch und sittenstreng war, wie man sich das gemeinhin vorstellt. Die höheren Töchter interpretierten die strengen Regeln des Dominikanerordens offensichtlich recht freihändig…

Wir haben noch einen ganzen Tag Zeit, denn unsere nächste Busetappe Richtung Cusco werden wir wieder nachts absolvieren. Deswegen entscheiden wir uns dafür, an einer Stadtrundfahrt mit einem Panoramabus teilzunehmen. Eine gute Entscheidung – denn so kommen wir an einige Orte am Stadtrand, die wir sonst nicht gesehen hätten. Zunächst allerdings führt unser Weg in eine Textilmanufaktur, die Alpaka- und Vikunya-Wolle verarbeitet. Wir bekommen erklärt, welche verschiedenen natürlichen Wollfarben es gibt, mit welchen Pflanzen und Mineralien die Färbung stattfindet und sehen die wirklich schönen und hochwertigen Produkte dann im Laden. Schade, dass wir in unseren Rucksäcken keinen Platz für Einkäufe haben…

Anschließend erhaschen wir von einer größeren Straße aus einen tollen Blick auf die hinter Arequipa aufragenden Berge.

Der nächste Halt findet in Yanahuara statt, einem im Westen der Altstadt gelegenen Stadtteil. An seinem Hauptplatz befindet sich zum einen die in barockem Stil gebaute, reich gestaltete Pfarrkirche San Juan Bautista.

Zudem finden wir hier eine hübsche Arkadenfront, hinter der sich erneut ein schönes Panorama der Bergwelt hinter der Stadt entfaltet.

Doch die Tour führt noch zu einem weiteren „Mirador“ (Aussichtspunkt): In Sachaca, einem einige Kilometer südlich der Innenstadt gelegenen Stadtteil, gibt es einen Aussichtsturm, der den wohl besten Überblick über die gesamte Stadt und die zahlreichen Vulkane im Hintergrund bietet. Hier ist es wirklich wunderschön, aber der Guide drängt zum Aufbruch – für die meisten Teilnehmer der Rundfahrt stehen noch zwei weitere Stunden in den Außenbereichen von Arequipa an.

Wir wollen dagegen nicht, dass es hinsichtlich unserer abendlichen Abfahrt knapp wird. Deswegen haben wir von vorneherein nur die zweistündige Kurzversion gebucht – und erst bei Fahrtbeginn erfahren, dass wir dann unterwegs aussteigen werden und mit dem Taxi zurück in die Innenstadt müssen. Weil wir dem Vertreter der Agentur daraufhin gesagt haben, dass es nicht in Ordnung ist, wenn wir erst jetzt erfahren, dass die Tour dadurch insgesamt teurer wird, hat er dann dem Veranstalter das Geld fürs Taxi gegeben – und der Guide verhandelt jetzt am Straßenrand mit einem vorbeikommenden Taxifahrer über den Preis, zu dem wir ins Zentrum chauffiert werden. Es ist viel Improvisation, aber irgendwie klappt es immer!
An der Plaza de Armas herrscht Ausnahmezustand, als wir wieder ankommen: Die Straßen sind abgesperrt, zahllose in festlichen violetten Roben gekleidete Menschen sind unterwegs – in Arequipa findet heute – an einem ganz normalen Dienstagnachmittag – eine Prozession zu Ehren des Bildnisses des wundertätigen Herrn statt! Das haben wir doch in Trujillo vor gut zwei Wochen schon einmal erlebt – aber hier, vor der prächtigen Kulisse der Plaza und der Kathedrale, wirkt der Umzug noch einmal festlicher – ein gelungener Abschluss unseres Aufenthalts in dieser sehr schönen Stadt!

Hallo ihr beiden es ist ein wahnsinn was ihr in dieser kurzen Zeit schon gesehen und erlebt habt, der Colca Canyon muß ja sehr beeindruckent gewesen sein. Ist nach dem Hundebiss bei dir Jana wieder alles in Ordnung? Und bei dir Wolfgang auch wieder alles OK.? Bei uns ist auch alles in Ordnung.
Ich freue mich schon auf den nächsten Bericht.
Es Grüßen euch ganz Herzlich Xaver und Elke
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Liebe Elke, lieber Xaver,
freut uns, dass bei euch alles in Ordnung ist! Bei uns auch, wir sind heute in Perus wohl touristischster Stadt Cusco angekommen. Hier bleiben wir eine ganze Woche, weil es in der Stadt und in der Umgebung sehr viel zu sehen gibt (unter anderem Machu Picchu).
LG aus dem Süden Perus
Jana und Wolfgang
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