Samaipata.

Für Donnerstagmorgen haben wir im Hostal Sol y Luna schon vor der eigentlichen Öffnungszeit des Restaurants das Frühstück bestellt. Um acht Uhr holt uns nämlich ein Taxi ab und bringt uns an das Terminal von Coroico. Von hier wollen wir mit einem Minibus zurück nach La Paz fahren. Bis der aber losgeht, ist Geduld angesagt: Fast eine Dreiviertelstunde rufen Fahrer und Helfer auf dem noch ziemlich unbelebten Busbahnhof ihr Ziel aus, allerdings mit wenig Erfolg; letztlich starten wir Punkt neun Uhr mit dem nur halbvoll besetzten Fahrzeug. Obwohl es von Coroico nach La Paz etwa 2.000 Höhenmeter bergauf geht, schaffen wir die Strecke wieder in zwei Stunden. Vom Stadtviertel Villa Fatíma braucht das Taxi dann noch einmal fast 45 Minuten, bis wir am Flughafen El Alto angekommen sind.

El Alto - einer der höchstgelegenen Passagierflughäfen der Welt
El Alto – einer der höchstgelegenen Passagierflughäfen der Welt

Dass der Airport in der über 4.000 Meter hoch gelegenen Trabantenstadt von La Paz liegt, hat eine ganz einfache geographische Ursache: La Paz selbst ist extrem dicht bebaut und liegt in einem engen Hochtal, während El Alto sich in die weite Hochebene, Altiplano genannt, ausdehnt. Hier oben lässt sich entschieden leichter ein Flughafen anlegen – wenngleich der aufgrund der extremen Höhenlage gewissen Beschränkungen unterworfen ist. Ganz große Flugzeuge können wegen des reduzierten Luftwiderstandes hier nicht starten und landen. Unser Flug, der nachmittags um drei Uhr geht, wird mit einer Boeing 737 der staatlichen Fluggesellschaft Boliviana de Aviación durchgeführt. Eine Stunde später sind wir bereits wieder auf dem Boden, allerdings mehr als dreieinhalb Kilometer tiefer: Wir sind auf dem Aeropuerto Viru Viru Internacional gelandet, dem Flughafen von Boliviens größter Stadt Santa Cruz de la Sierra, die im zentralen Tiefland auf etwa 450 Metern liegt. Entsprechend sind die Temperaturen hier mit 33° C auch tropisch warm. Die Landschaft ist üppig grün – welch ein Gegensatz zum rauen, trockenen Hochland!

Mit einem Minibus fahren wir von dem 15 Kilometer nördlich von Santa Cruz gelegenen Flughafen ins Stadtzentrum. Was uns sofort auffällt: Die ausgedehnten Vororte der Stadt wirken wesentlich moderner und sauberer, als wir das bisher in Bolivien festgestellt haben. Und auch die Menschen sind irgendwie anders: Haben sie auf uns im Hochland oft einen verschlossenen, apathischen Eindruck gemacht, erscheinen sie hier auf Anhieb offener, zugänglicher. Zum Beispiel der Minibus-Fahrer: Er ruft durch das ganze Fahrzeug zu uns nach hinten und fragt, wo wir genau hin wollen. Als wir ihm die Adresse unserer Unterkunft nennen, meint er : „Oh! Dann steigt am besten gleich aus! Wir sind schon ein bisschen weiter!“ Was kein Problem ist, denn ein Taxi hätten wir sowieso gebraucht, um unsere Unterkunft, das von außen als solches nicht zu erkennende Hostal Río Magdalena, zu erreichen. Es ist günstig, zentrumsnah, ordentlich und ziemlich ruhig: Wir reservieren beim Auschecken am Freitag gleich noch mal für Montag, denn dann werden wir für Santa Cruz mehr Zeit haben. Heute ist es nur eine Durchgangsstation. Ein Taxi bringt uns zu der Straße, von der die Minibusse in Richtung Samaipata starten, unserem heutigen Etappenziel. Fast drei Stunden fahren wir anschließend in Richtung Südwesten; zunächst noch durch flaches Land, doch bald wird es immer hügeliger. Wir erreichen die Ausläufer der Cordillera Oriental. Die anfänglich sehr gut ausgebaute Straße wird allmählich schmaler und holpriger, die vereinzelten Siedlungen entlang der Straße vermitteln jedoch weiterhin ein anderes, gepflegteres Bild von Bolivien als jenes, das wir bisher gewonnen haben. Als wir schließlich das idyllisch zwischen bewaldeten Hügeln gelegene Städtchen Samaipata (der Name bedeutet auf Quechua Ruhe in der Höhe) erreicht haben, fragt uns der Minibus-Fahrer, welche Unterkunft wir gebucht haben und setzt uns direkt vor der Haustür ab. Sehr freundlich – genau wie der ältere Herr neben uns, der mit zahlreichen Blumen im Gepäck die Reise angetreten hat und beim Aussteigen vor seinem sehr schönen Haus meint: „Wenn ihr noch ein Hotel braucht, kommt zu mir!“

Die Liebenswürdigkeit der Einheimischen setzt sich nahtlos fort, als wir in unserer Unterkunft, der Posada Guasu, ankommen.

Eingangstür zu unseer netten Unterkunft
Eingangstür zu unseer netten Unterkunft
Gemütlich-rustikales Zimmer in der Posada Guasu
Gemütlich-rustikales Zimmer in der Posada Guasu

Die Besitzerin lädt uns, weil es gerade mittags um ein Uhr ist, gleich auf eine Suppe ein, und wir fühlen uns in dem historischen, fast 400 Jahre alten Häuschen mit angeschlossenem Innenhof auf Anhieb äußerst wohl.

Gepflegter Innenhof unserer Unterkunft
Gepflegter Innenhof unserer Unterkunft

Das gilt gleichermaßen für das kleine Städtchen. Es liegt auf etwa 1.650 Metern und hat demzufolge ein sehr angenehmes Klima. Rund um die zentrale Plaza Principal, die mit Palmen, Kunstwerken und einigen Statuen hübsch gestaltet ist, gruppieren sich wie üblich Kirche, Rathaus, Geschäfte und Restaurants.

Pfarrkirche an der Plaza von Samaipata
Pfarrkirche Nuestra Señora de la Candelaria an der Plaza von Samaipata

Mit Holzbalkonen und schönen Fassaden macht Samaipata aber nicht nur hier, sondern auch in den Seitenstraßen einen ausgesprochen sympathischen Eindruck. Wie uns unsere Gastgeberin nebenbei schon erzählt hat: Die Menschen hier im Tiefland sind ein anderer „Schlag“ als die Hochlandbewohner; sie legen mehr Wert auf Sauberkeit und arbeiten härter.

Hübsche Holzarchitektur im Ortszentrum
Hübsche Holzarchitektur im Ortszentrum

Mit einem Beispiel macht sie es leicht verständlich: „In La Paz arbeitet die Mehrheit für den Staat, und wenn ihnen etwas nicht passt, dann gibt es halt eine Straßenblockade. In Santa Cruz und Umgebung arbeiten die meisten Menschen dagegen für private Unternehmen. Solche Aktionen schaden nur dem Geschäft…“