Salta.
Unser Aufenthalt in Chile dauerte nur sechs Tage – vorerst und zumindest im Nordteil des Landes. Bis wir Denise und Peter am 18. Dezember am Flughafen von Santiago abholen, wollen wir erst einmal auf argentinischer Seite südwärts reisen, weil uns die möglichen Ziele hier interessanter erscheinen. Deswegen steigen wir am Dienstagmorgen um neun Uhr am Busterminal von San Pedro de Atacama in den Fernbus, der uns hinüber ins argentinische Salta bringen soll. Die Fahrt geht erst einmal steil bergauf: Wir fahren fast wieder bis zum bolivianischen Grenzübergang Hito Cajón hinauf, über den wir vorige Woche nach Chile eingereist sind.


Kurz vorher schwenkt die Nationalstraße, auf der wir bleiben, nach Süden ab und führt nun noch eineinhalb Stunden durchs einsame, weite Hochland, das von Geröllfeldern und Salzseen geprägt wird.

Dann prangt unübersehbar ein großes Schild über der Straße: „Argentina“ – wir haben das achtgrößte Land der Erde erreicht. In der Ferne ist auch schon die Grenzstation zu sehen…

Moment?! Und wo sind bitte die chilenischen Grenzer? Wir brauchen doch den Ausreisestempel! Ungute Erinnerungen an ein Erlebnis vor einigen Jahren werden wach. Damals hatten unsere Fahrer beim Transfer von Indien nach Bhutan das indische Grenzhäuschen nicht gesehen. So bekamen wir keinen indischen Ausreisestempel, was zwei Wochen später bei der Wiedereinreise am Flughafen in Delhi zu erheblichen Komplikationen führte. Das wollen wir nicht noch einmal erleben – wir kommen ja ganz gewiss noch ein zweites Mal nach Chile! Zu unserer Erleichterung klärt sich dieses Problem schnell: Argentinien und Chile betreiben den Grenzübergang auf dem 4.400 Meter hoch gelegenen Paso Jama gemeinsam. Zuerst stellt man sich beim chilenischen Beamten an, danach beim argentinischen; mit zwei Stempeln mehr im Pass darf man dann sein gesamtes Gepäck holen und durchscannen lassen. Bis dieser Vorgang für alle Fahrgäste erledigt ist und die Fahrt fortgesetzt werden kann, vergehen fast eineinhalb Stunden.

Die Landschaft ändert sich zunächst kaum: Karges Andenhochland, kakteenbestandene Bergtäler und der weite Salzsee Salinas Grandes, auf dem mit großen Anlagen Salz abgebaut wird.


Das Wetter allerdings wird zunehmend schlechter: Zuerst sehen wir am Horizont einige Blitze, und danach beginnt es in der wüstenhaften Landschaft heftig zu regnen. Den 4.170 Meter hohen Gebirgspass Cuesta de Lipán überqueren wir bei miserablen Witterungsverhältnissen; der Fahrer muss sich vorsichtig durch den dichten Nebel talwärts in den ersten nennenswerten Ort Pumamarca tasten. Über die Provinzstadt San Salvador de Jujuy erreichen wir schließlich nach insgesamt zehn Stunden unser Tagesziel Salta. Die Landschaft hat sich hier sehr verändert: Täler und Hügel sind von dichtem Grün überzogen, die Vegetation ähnelt der, die wir von daheim kennen. Auch die autobahnähnlich ausgebaute Straße und die modernen Busterminals erinnern uns an europäische Standards. An den Wohnhäusern in den Vorstädten merkt man zwar dann schon noch, dass man in Südamerika ist, aber keine Frage: Auch Argentinien ist mit unseren bisherigen Reiseländern Ecuador, Peru oder Bolivien nicht vergleichbar. Ein Taxi bringt uns zum Hotel „Buenos Aires“, in dem wir für drei Nächte gebucht haben.
Das Regenwetter setzt sich auch am Mittwoch noch fort, aber das stört uns in dem Fall kaum: Wir müssen unsere nächsten gut zwei Wochen in Argentinien planen, schlagen uns mehrere Stunden mit einer Umbuchung während des Besuchs von Denise und Peter herum und beantworten einige wichtige E-Mails. Als das am späten Nachmittag erledigt ist, hat es zu regnen aufgehört, und wir laufen ins Stadtzentrum. Das wird hier von der Plaza 9 de Julio gebildet – auch Salta hat den typischen schachbrettartigen Grundriss aller spanischen Kolonialstädte mit einem zentralen Platz als Mittelpunkt der Stadt.

Und dass eine schöne, doppeltürmige Kathedrale mit angegliederter Bischofsresidenz das auffälligste Gebäude ist, kann nach unseren bisherigen Reiseerfahrungen ebenfalls nicht verwundern.

Doch auch die anderen Seiten der Plaza sind mit großzügigen, von Säulengängen aufgelockerten Fassaden, hinter denen sich unter anderem Theater und Museen befinden, bestückt. Und zum ersten Mal entdecken wir hier vorweihnachtliche Beleuchtung – eine für uns ungewohnte Konstellation bei etwa 18° Celsius und Orangenbäumen, die ein frühlingshaft dichtes grünes Blätterkleid besitzen!

Doch auch hier auf der Südhalbkugel rückt das große Ereignis näher: In Saltas ziemlich großer Fußgängerzone, in der nach acht Uhr abends erst so richtig Hochbetrieb herrscht (dafür ist nachmittags zwischen 13 und 17 Uhr, wie in Spanien, Siesta), sieht man Weihnachtsbäume in den Schaufenstern, man kann Krippenfiguren kaufen und natürlich werben die Geschäfte mit Hinweisen auf das Christfest um Käufer.

Doch jahreszeittechnisch rüstet sich Salta für den Sommer. Schon am Wochenende sollen die Temperaturen auf über 30° ansteigen. Als wir am Donnerstag die Stadt genauer erkunden, ist es schon etwas wärmer als tags zuvor, mit etwa 24° Celsius aber noch sehr angenehm. Unser erster Gang führt uns zum Teleférico. Gleich am Rande der Innenstadt befindet sich die Talstation einer Seilbahn, mit der wir in wenigen Minuten hinauf zum knapp 1.500 Meter hohen Cerro San Bernardo gelangen. Von hier oben bietet sich ein schöner Rundblick auf die 300 Meter tiefer in einem weiten Talkessel gelegene, etwa 550.000 Einwohner zählende Stadt.

Der Spaziergang durch den kleinen Park, der die Bergstation umgibt, ist ganz nett, aber schnell erledigt.

Danach fahren wieder hinunter in die Stadt und besuchen zunächst den großzügigen, gleich neben dem Teleférico gelegenen Parque San Martín, der durch einen großen Teich aufgelockert wird.

Weil es doch ein ganzes Stück zu laufen wäre, wollen wir danach mit dem Bus in die Stadtmitte fahren. Mit dem Bezahlen ist es hier allerdings etwas komplizierter, als wir das gewohnt waren: Kassierte bislang stets ein Busbegleiter das Fahrgeld in bar ab, so gibt es hier im Bus ein Kartenlesegerät. Der Fahrgast muss die mit einem bestimmten Guthaben aufgeladene Karte dranhalten, und dann wird der Betrag abgebucht. Diese Karte haben wir natürlich nicht… – aber wir sind immer noch in Südamerika, und darum lässt sich dieses Problem trotzdem unkompliziert regeln: Ein anderer Fahrgast, der eine solche Karte hat, erledigt den Zahlvorgang für uns, und wir drücken ihm das Geld in bar in die Hand. Ob ausländischen Touristen in Deutschland da ebenso schnell geholfen werden würde?
Bei unserem Stadtbummel kommen wir noch an einigen bemerkenswerten Straßenzügen entlang.

Zudem entdecken wir mehrere wirklich schöne Kirchen, allesamt in derselben Zeit wie die Kathedrale, also im späten 19. Jahrhundert, erbaut. Besonders fällt uns zum einen die Iglesia San Francisco, in vornehmem Rot gehalten, auf.

Ein anderes Schmuckstück Saltas ist die in leuchtendem Blau erstrahlende Iglesia Nuestra Señora de la Candelaria, im Volksmund auch „La Viña“ genannt. „Salta La Linda“ (Salta, die Schöne) ist der Wahlspruch der Stadt, den sie insbesondere diesen Sakralbauten verdankt – wir werden sie morgen schon wieder verlassen, hinaus aufs Land nach Cafayate, um mehr von diesem riesigen Land kennenzulernen, in dessen äußerster nordwestlicher Ecke wir uns momentan befinden…

Hallo, ihr Weltenbummler,
habt ihr mal mitgezählt, wie viele Kirchen, ihr bisher schon gesehen habt ? Es ist wirklich sagenhaft was ihr bisher für tolle und abwechslungsreiche Landschaften bereist habt. Für uns ist es super daran teil zu haben und auch unsere Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit gegenüber Fremden mal zu überdenken.
Nun eine Frage die uns brennend interessiert, hattet ihr in den paar Monaten schon mal richtig Heimweh ?
Weiterhin eine schöne Zeit, bleibt gesund und weiterhin fotografier- und schreib- freudig.
Viele Grüße von den Vogtländern!
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Hallo liebe Kühnis,
wir freuen uns sehr, dass ihr mit uns mitreist und so auch ein bisschen die tollen Landschaften hier genießen könnt, wobei es schon noch etwas anderes ist, wenn man diese in Wirklichkeit sieht.
Zu den vielen Kirchen: Witzig ist, dass jeder Platz in Südamerika irgendwie gleich ausschaut und von Kirchen umgeben ist.
Heimweh an sich haben wir eigentlich noch nicht gehabt, uns fehlen nur Freunde, Familie und Nachbarn. Wenn die mit hier wären, dann… wäre alles perfekt! Aber dadurch, dass wir ständig Kontakt über WhatsApp und Skype haben, wird auch dieser Schmerz gelindert.
Andererseits lernen wir ständig neue Leute kennen, was das Reisen sehr interessant macht.
Wir hoffen, euch geht’s gut und ihr genießt euere Enkelkinder – auf diese Zeit freuen wir uns auch schon!
LG von
Jana und Wolfgang
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Lieber Wolfgang, liebe Jana,
ich hab ja mitbekkommen, dass Ihr Euch auf Südamerika-Trip befindet. Aber dass Du so exzellente Reiseberichte verfasst, das erfuhr ich von Herrn Wohlrab, der mir bei der Trachtler-Weihnachtsfeier gegenüber saß. Ich stöberte ein wenig und bin hin- und hergerissen von Euren Erlebnissen und die wunderschönen Berichte mit den hervorragenden Fotos! Das könnte man ja glatt als Reiseführer bezeichnen.
Ich habe davon der DZ berichtet, und Frau Wild könnte sich vorstellen, dass man über Eure Reise berichtet – aber wie???
Das kannst Du, lieber Wolfgang, sicherlich am besten!
Viele Grüße aus Rain über den Teich hinweg nach Argentinien(?)!
Manfred
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