Punta Arenas.
Chiles geographische Gestalt lässt Reisen durch das halbe Land zu sehr unterschiedlichen Erfahrungen werden. Um in West-Ost-Richtung die Hälfte des Staatsgebietes zu durchqueren, reicht eine eineinhalbstündige Busfahrt, die uns am Donnerstagmorgen von Valparaíso ans Busterminal Pajaritos in Santiago bringt. Von dort geht es mit einem Shuttlebus hinaus an den Flughafen Comodoro Arturo Merino Benítez im Stadtteil Pudahuel. Der wiederum ist Ausgangspunkt für die zweite „Halbdurchquerung“ des Landes – diesmal allerdings von Norden nach Süden. Und die hat ganz andere Dimensionen: Für den Flug aus der Hauptstadt nach Punta Arenas benötigt der Airbus 320 der chilenischen Fluggesellschaft „Sky Airline“, die dreiviertelstündige Zwischenlandung in Puerto Montt nicht mitgerechnet, dreieinhalb Stunden. Kein Wunder: Luftlinie sind die beiden Städte fast 2.200 Kilometer entfernt, das entspricht in etwa der Entfernung von Neapel nach Oslo. Diese enormen Distanzen spiegeln sich schon aus dem Flugzeugfenster auch in völlig veränderten Landschaftsbildern wider: Anstelle von Badestränden und Weingärten erblicken wir durch die Wolkenlücken die schneebedeckten Gipfel der Südanden, blau schimmernde Bergseen und langgestreckte Gletscherzungen.


Nachmittags gegen vier Uhr haben wir den Aeropuerto Presidente Carlos Ibáñez del Campo erreicht. Er liegt etwa 20 Kilometer nördlich von Punta Arenas. Zu viert kommt die Fahrt in die Stadt mit einem Taxi günstiger als mit dem Bus – noch dazu hat das den Vorteil, das wir direkt vor der Haustür unserer Ferienwohnung „Departamentos Punta Arenas“ abgeladen werden.

Von hier aus ist es eine gute Viertelstunde zu Fuß in die Stadtmitte. Mit ihren vielen kleinen Holzhäusern, in bunten Farben gestrichen, wirken die Wohnviertel von Punta Arenas eher kleinstädtisch; doch dieser Eindruck täuscht darüber hinweg, dass wir uns hier in der südlichsten Großstadt der Welt befinden. Etwa 130.000 Einwohner zählt die 1848 gegründete, an der Südküste des amerikanischen Kontinents gelegene Hafenstadt.


Der Meeresarm, der an Punta Arenas vorbeifließt, verkörpert eine Legende der Seefahrtsgeschichte: Mit dem Auftrag einer Weltumsegelung war der in spanischen Diensten stehende Portugiese Fernão de Magalhães, bekannter unter der hispanisierten Form seines Namens, Magellan, auf der Suche nach einer Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik 1520 hier, zwischen dem Festland und der vorgelagerten Insel Feuerland, fündig geworden. Nach ihm erhielt die Meereenge ihren Namen „Magellanstraße“. Bittere Ironie des Schicksals: Der Entdecker kehrte nie mehr in die Heimat zurück; bei kriegerischen Auseinandersetzungen mit Bewohnern einer philippinischen Insel wurde er ein halbes Jahr später getötet. Nur 18 der anfänglich über 200 Mann Besatzung erreichten schließlich im September 1522 wieder Spanien – sie hatten die erste Weltumsegelung der Menschheitsgeschichte überlebt. Die meisten von ihnen blieben trotz dieses Erfolgs namenlos; Magellans Ruhm dagegen überdauerte die Jahrhunderte. Auch die Stadt Punta Arenas hat ihm auf der Plaza de Armas ein großes Denkmal gewidmet.

An einer der Seiten des Denkmalsockels ist die Figur eines Indigenen angebracht – seine Zehe zu küssen gehört zu den Ritualen eines Besuches von Punta Arenas. Der Reisende, der dies tut, soll in diese Gegend am Südende der bewohnten Welt zurückkehren. Hoffen wir mal, dass es stimmt…
Trotz ihres geringen Alters hat die Stadt rund um den Hauptplatz durchaus einige sehenswerte Bauwerke vorzuweisen. Neben der Kathedrale von 1892 sticht auch der 1905 erbaute Palacio Sara Braun mit seiner detailreich verzierten Fassade hervor.


In erster Linie sind wir allerdings nicht hierher gekommen, um uns die Stadt anzusehen – die weite, raue Natur am Südende Patagoniens ist die eigentliche Hauptattraktion dieser Gegend. Wir entscheiden uns für einen Ausflug zur Isla Magdalena. Gut 30 Kilometer fahren wir dazu vom Fährhafen „Tres Puentes“ auf der Magellanstraße Richtung Nordosten.


Als das Schiff anlandet, haben wir genau eine Stunde Zeit, um auf dem Rundwanderweg, der bis zum Leuchtturm auf einem kleinen Hügel führt, entlangzulaufen. Für eine Strecke von einem knappen Kilometer eigentlich mehr als genügend Zeit – doch hier geht es nur sehr langsam voran. Grund dafür ist die an die 50.000 Exemplare zählende Kolonie von Magellan-Pinguinen; die etwa 70 Zentimeter kleinen Laufvögel bevölkern die gesamte Insel, die sie durch das Graben von Bruthöhlen im Laufe von vielen Jahrtausenden regelrecht durchlöchert haben. Die drolligen Tiere entzücken die Besucherschar und veranlassen auch uns zum Dauerfotografieren und -filmen. Einfach nur süß!





Wir haben noch Glück mit dem Wetter: Schon während unseres Aufenthalts auf der Insel beginnt es leicht zu nieseln, als wir abends zurück in Punta Arenas sind, regnet es dann richtig und hört die gesamte Nacht nicht mehr auf. Und das bei Temperaturen von zehn Grad – wir sind jetzt so weit im Süden (allerdings immer noch weiter vom Südpol entfernt als Flensburg vom Nordpol!), dass die Klimaverhältnisse sich denen des mitteleuropäischen „Pseudowinters“ annähern. Und das, obwohl wir hier gerade die längsten Tage des Jahres haben und es erst gegen 23 Uhr dunkel wird…

Liebe Blogleser,
allen, die uns auf unserer Reise begleiten, wünschen wir ganz herzlich frohe Weihnachten und ein paar ruhige, erholsame Tage! Feiert schön, lasst es euch gut gehen und kommt gut ins neue Jahr 2017!
Wenn ihr unsere Erlebnisse in Südamerika weiter verfolgt, würden wir uns darüber sehr freuen!
Alles Liebe und Gute aus Puerto Natales von
Jana und Wolfgang zusammen mit Denise und Peter
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