Puerto Natales.
Heftiger Regen weckt uns am Morgen des 24. Dezember in Punta Arenas. Das schlechte Wetter soll uns heute nicht allzusehr stören: Wir lassen uns per Taxi ans Busterminal der Gesellschaft „Bus-Sur“ bringen und starten kurz nach zehn Uhr zu einem gut dreistündigen Trip, der uns mehr als 200 Kilometer nordwärts in die knapp 20.000 Einwohner zählende Kleinstadt Puerto Natales bringt.

Sie liegt am Seno Última Esperanza, einem langgestreckten Meeresarm, der vom offenen Pazifik durch zahlreiche vorgelagerte Inselchen getrennt ist – eine Landschaftsform, die der norwegischen Fjordküste sehr ähnlich ist.



Dem Ruf eines rauen Klimas wird Puerto Natales bei unserer Ankunft absolut gerecht: Es regnet, stürmt und ist ungemütlich kühl, als wir unser Quartier im „Hostel Natales“ beziehen, uns zu einem späten Mittagessen in ein Lokal an der nahen Plaza de Armas begeben und noch ein paar Vorbereitungen treffen, um in kleinem Rahmen, im Flur des Hostels, Heiligabend feiern zu können.

Die Hafenstadt, erst 1911 gegründet, hat sich dank des Tourismus von einem einsamen Nest am Ende der Welt zu einer recht ansehnlichen kleinen Stadt entwickelt. Große Sehenswürdigkeiten gibt es hier zwar nicht; wie überall ist die Plaza de Armas Mittelpunkt der Stadt, in den Wohnstraßen verleihen Fassaden aus bunt gestrichenem Holz oder Wellblech dem Ort das typische Gepräge einer „Frontier Town“.


Die Bedeutung des Ortes liegt vor allem darin begründet, dass er als Ausgangspunkt für Expeditionen in den Nationalpark Torres del Paine dient. Wer europäische Vorstellungen mitbringt, muss allerdings gewaltig umdenken: Puerto Natales liegt deutlich mehr als 100 Kilometer von diesem Wanderparadies entfernt, die Anfahrt nimmt mindestens zwei Stunden in Anspruch. Ohne eigenes Auto ist man auf das Tourangebot der örtlichen Veranstalter angewiesen, die sich ihre Dienste gut bezahlen lassen. Doch immerhin haben wir Glück: Am ersten Weihnachtsfeiertag hat sich das Regenwetter verzogen, schon vor den Grenzen des Nationalparks freuen wir uns an der Laguna Amarga über einen herrlichen Panoramablick auf die drei bizarren Felsnadeln „Torres del Paine“, deren höchste gut 2.800 Meter hoch aufragt und denen der Nationalpark seinen Namen verdankt.

An der Las Torres Lodge hält unser Kleinbus, der außer uns vieren noch mit drei Chinesinnen, einem Schweizer, einem einheimischen Bergführer und seiner amerikanischen Helferin besetzt ist, schließlich an. Wir sind hier nur auf 300 Metern über dem Meeresspiegel, und doch vermittelt die Natur und die Landschaft einen rauen, hochalpinen Charakter – das raue Klima auf 51° südlicher Breite macht es möglich.

Es beginnt ein vierstündiger Aufstieg, die uns zunächst durch offenes Grasland und dann in eine von einem reißenden Gebirgsbach durchzogene Schlucht führt.


Wir durchqueren dunkle, windgegerbte Wälder und karge Hochmoorlandschaften; der letzte der zehn Kilometer führt schließlich steil bergauf durch ein mühsam zu durchsteigendes Geröllfeld.

Doch die Mühen sind schnell vergessen, als wir auf 880 Metern Höhe an der Base de las Torres, einer kleinen Lagune stehen, in die der immer weiter zurückgehende Gletscher kalbt, der sich von den Torres del Paine (zu deutsch „Türme des blauen Himmels“) nach unten wälzt. Zwar umspielen Wolkenschwaden die Spitzen der drei markanten Felszacken, doch geben sie den Blick auf eine der spektakulärsten Landschaften Chiles immer wieder frei.

Eine Stunde Zeit haben wir hier, um die Landschaft zu genießen und zu fotografieren – für ein gutes Motiv müssen wir uns teilweise allerdings ziemlich lange anstellen. An diesem 25. Dezember sind nämlich außer uns noch viele andere Bergwanderer unterwegs – so viele, dass es beim Abstieg auf dem Geröllfeld zu wahren Staus kommt und unser Guide sich deutlich genervt zeigt über diesen Massenandrang.

Der Abstieg zieht sich ganz schön, zumal der Wanderweg nicht gleichmäßig abwärts verläuft, sondern zwischendrin immer mal wieder kleine, aber giftige Anstiege zu bewältigen sind. Nach insgesamt 20 Kilometern und acht Stunden reiner Gehzeit erreichen wir rechtschaffen müde den Kleinbus und müssen noch einmal zwei Stunden Rückfahrt in Kauf nehmen, bis wir nach acht Uhr abends endlich zurück in Puerto Natales sind. Und dort wartet am Ende des Tages noch einmal eine Herausforderung: Sonntag und Weihnachten fallen heuer zusammen, sodass nur wenige Restaurants geöffnet haben. Und die sind demzufolge randvoll – wir müssen über eine halbe Stunde draußen warten, ehe wir einen freien Tisch ergattern.

Ausschlafen am nächsten Morgen? Aber warum denn… schließlich hat der Nationalpark noch wesentlich mehr zu bieten als „nur“ die Wanderung zu den „drei Zinnen“. Wir haben deswegen eine weitere Tagesfahrt gebucht, die uns am zweiten Weihnachtsfeiertag – in Chile allerdings ein ganz normaler Montag – zu einer Reihe von sehenswerten Punkten führen soll. Den Anfang macht die 24 Kilometer nordwestlich der Stadt gelegene Cueva del Milodón – eine 200 Meter lange, sehr große Höhle, in der der deutsche Abenteurer Hermann Eberhard 1895 die Überreste eines Milodon fand, eines inzwischen ausgestorbenen Riesenfaultiers.



Danach führt die Tour an verschiedenen Seen vorbei, die dem Bergmassiv der Cordillera Paine vorgelagert sind und bei wunderschönem Wetter zusammen herrliche Panoramen ergeben. Der Wind wird zwar immer stärker und wächst sich bis Mittag zu einem heftigen, für Patagonien nicht ungewöhnlichen Sturm mit Windgeschwindigkeiten von etwa 100 km/h aus, doch die spektakulären Bilder stört das nicht. Im Gegenteil: Ob am Lago Sarmiento, am Lago Nordenskjöld oder am Lago Pehoé, überall runden die zerfetzten, rasch übers Land fegenden Wolken die eindrucksvollen Landschaftsbilder ab.







Dass wir uns in einem Nationalpark befinden, zeigt sich auch an der Tierwelt: Da und dort läuft ein Nandu, eine südamerikanische Straußenart, durch die steppenartige Landschaft, anderswo finden wir ganze Herden von Guanakos, der größeren der beiden wild lebenden Lamaarten des Kontinents.


Am 15 Kilometer langen Lago Grey erhalten wir die Gelegenheit, zwei Stunden lang selbst herumzuwandern. Dabei kommen wir an Eisbergen vorbei, die von dem im Norden in den See kalbenden Grey-Gletscher abgebrochen sind und von den heftigen Winden über das gesamte Gewässer getrieben werden und haben von einem Aussichtspunkt einen wunderbaren Blick über den gesamten See.





Vorbei am größten See der Region, dem Lago Toro, gelangen wir am frühen Abend zurück nach Puerto Natales. Von hier wird es morgen weitergehen nach Argentinien, in das kleine Wanderparadies El Chaltén, wo wir bis zum Neujahrsmorgen bleiben.

Liebe Jana, lieber Wolfgang,
seit dem Bericht in der DZ habe ich meine Abende mit dem Lesen eures Blogs verbracht. Toll, dass ihr euch diesen Traum ermöglicht und uns zuhause so ausführlich an allem was ihr erlebt teilhaben lasst. Ich wünsche euch einen guten Rutsch ins neue Jahr mit vielen schönen Erlebnissen und Begegnungen. Passt auf euch auf! Liebe Grüße aus Donauwörth!
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Liebe Michaela,
das ist ja schön, dass du dich gemeldet hast! Ich hoffe, dir und deinen Lieben geht’s gut und ihr hattet schöne Weihnachtsfeiertage.
Es war für uns auch eine Riesenüberraschung, dass die DZ gleich eine ganze Seite gemacht hat. Wolfgang freut sich, weil er Zeit für sein Hobby, das Schreiben, hat und damit auch gleichzeitig alle informieren kann, was wir so treiben.
Dir wünsche ich auch einen guten Rutsch ins neue Jahr und freue mich auf ein Wiedersehen 2017!
Liebe Grüße
von Jana (auch von Wolfgang)
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Hallo ihr Lieben in der Ferne,
das Weihnachtsfest ist vorüber. Nur gut, dass wir uns so schnell Mitteilen können. Ansonsten wäre es wohl sehr traurig gewesen. Von Cindy und Stefan erhielten wir unser schönstes Weihnachtsgeschenk, die“ Donauwörther Zeitung“ mit dem Riesenbeitrag eurer Reise und den grandiosen Bildern. Zum Einrahmen schön! Der liegt nun auf Omis Tisch und sie liest ihn immer wieder. Und wir……. können die neuen Beiträge kaum erwarten und schätzen auch die Mühen, die am Ende eines erlebnisreichen Tages erbracht werden.
Auf unseren Reisen brauchten wir abends nur noch das Bett. Alle Achtung dafür und ein Herzliches Dankeschön dem Verfasser, sicherlich von allen Lesern. Liebe Grüße an Denny und Peter. Euer Weihnachtsbaum im Flur hat uns wirklich gut gefallen. Und Nadeln wird er auch nicht.
Immer wache Augen euch Vieren und einen Guten Rutsch ins 2017
wünschen MUVAO
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Danke für den lieben Kommentar!!!
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