Curitiba.
Etwa 250 Kilometer sind es von Blumenau bis in die 1,8 Millionen Einwohner zählende Hauptstadt des Bundesstaates Paraná, Curitiba. Gut, dass der Bus dafür mit Zwischenstopps und Pausen über viereinhalb Stunden braucht, denn unterwegs regnet es ziemlich heftig. Da wäre ein Besichtigungsprogramm kein Spaß gewesen! Als wir nachmittags aber in der etwa 90 Kilometer vom Atlantik entfernten, auf 936 Metern Meereshöhe gelegenen Stadt ankommen, blinzelt bereits wieder die Sonne durch die Wolken. Für eine Nacht mieten wir uns im sehr zentrumsnahen Trevi Hotel e Business ein. Für die Stadterkundung haben wir anschließend den gesamten Montag Zeit. Nur ein paar Schritte, und die Rua XV de Novembro ist erreicht – die Fußgängerzone der Stadt, übrigens die älteste Brasiliens.


Spontan fühlen wir uns hier richtig wohl: Ein schöner, nach portugiesischem Vorbild gemusterter Pflasterbelag durchzieht die gesamte Innenstadt; viele gepflegte Blumenrabatten bringen Farbe ins Spiel, und die historischen Häuserfassaden geben dazu den passenden Rahmen. Was wir hier sehen, entspricht so ganz und gar nicht den Klischees und Vorstellungen, die man bei uns zuhause von Brasilien hat!

Und wir entdecken eine Reihe von schönen Plätzen in Curitiba: Da ist die Praça Generoso Marques mit dem stilvollen Paço da Liberdade von 1916.

Wenige hundert Meter weiter erhebt sich an der Westseite der als Park gestalteten Praça Santos Andrade das imposante neoklassizistische Hauptgebäude der Universidadé Federal do Paraná. Curitiba ist eine ausgeprägte Studentenstadt – wir bekommen davon allerdings nicht sonderlich viel mit, da zur Zeit (hier ist heute Herbstanfang) wohl noch Semesterferien sind.

Wichtigstes Kirchengebäude der Stadt ist die an der Praça Tiradentes gelegene Catedral Basílica Menor Nossa Senhora da Luz, der Sitz des Erzbischofs von Curitiba. Der Bau stammt aus dem Jahre 1893 und wurde in neogotischem Stil errichtet.

Gleich dahinter erreichen wir den ältesten Teil der 1693 von den portugiesischen Kolonialherren gegründeten Stadt, Largo da Ordem genannt. Hier stehen ganze Häuserzeilen von bestens restaurierten Gebäuden aus dem 18. und 19. Jahrhundert, aber auch schöne Kirchenbauten wie die Igreja da Ordem, die Igreja do Rosário oder die Presbyterianerkirche. Hinweistafeln erzählen von der Besiedlung des Ortes, bei der im 19. Jahrhundert deutsche Einwanderer eine große Rolle spielten.



Das ist hier zwar nicht so augenfällig wie in Blumenau, aber im Bewusstsein der Bevölkerung ist es wohl verankert. Wir erleben es, als wir uns mit einem Einheimischen auf Englisch unterhalten und der uns sofort von den vielen Deutschstämmigen in der Stadt erzählt. Ein weiteres Indiz: Die Schwarzwald-Bar do Alemão im Largo da Ordem, die allerdings mit einem Lederhosen-Bayern und einem bekannten altdeutschen Spruch an der Wand um Gäste wirbt.

Allerdings hat Curitiba keineswegs nur europäischstämmige Einwohner: In den Straßen sehen wir viele Farbige, und – eine absolute Seltenheit in Südamerika – unweit der Altstadt steht seit 1972 die farbenprächtige Imam Ali Ibn Abi Tálib-Moschee, die darauf hinweist, dass in der Stadt auch eine muslimische Minderheit lebt.

Typisch für Curitiba ist neben dem Stilmix aus Alt und Neu, der hier aber verträglicher gestaltet wurde als wir das einige Tage zuvor in Porto Alegre gesehen haben, das sehr moderne und leistungsfähige Bussystem. Auf den Hauptstraßen wurden für die Busse eigene Linien angelegt. Die Doppelgelenkbusse können so schnell vorankommen. Zudem wurden die Haltestellen als erhöhte Röhren errichtet, die behindertengerecht gestaltet sind. Das ist nur eines von mehreren Beispielen für eine gelungene Stadtplanung, die dazu geführt hat, dass Curitiba schon einen Preis als innovativste Stadt der Welt (1996) erhalten hat.


Dazu gehören auch die zahlreichen Grünflächen in der Innenstadt – besonders fällt uns die Praça Osório auf, die mit ihren vielen Palmen eine wahre Oase darstellt und gerade an heißen Sommertagen sicherlich ein sehr gesuchter Rückzugsort ist.

Heute ist das nicht notwendig: Wir absolvieren unseren Rundgang durch die Stadt bei angenehmen Temperaturen und sind zum Glück zurück im Hotel, als es im Laufe des Nachmittags zu regnen beginnt. Jetzt gilt es noch etwas Zeit totzuschlagen, bis wir den Nachtbus in Richtung Foz do Iguaçu besteigen werden…
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