Valladolid.
Verglichen mit unseren normalen Tagesetappen, ist der Weg von Mérida nach Valladolid, einer 50.000-Einwohner-Stadt im Zentrum der Halbinsel Yucatán, ein Katzensprung: Gerade einmal zwei Stunden dauert die Busfahrt am Donnerstagmittag, schon sind wir angekommen und laufen vom zentrumsnahen Busterminal nur drei Häuserblöcke weit, bis wir das Hotel El Mesón del Marqués erreicht haben. So schön wie in Mérida wird es wohl nicht mehr werden, denken wir. Doch weit gefehlt: Auch hier kommen wir in einem stilvollen historischen Gemäuer unter, Zimmer, Pool und Restaurant machen sogar einen noch besseren Eindruck, und das Frühstück ist im Preis bereits enthalten. Hier lässt sich’s aushalten! Schön, dass wir hier gleich fünf Nächte bleiben – rund um Valladolid gibt es nämlich einiges zu tun und zu sehen.

Doch auch die Stadt selbst ist es wert, entdeckt zu werden. Der ersten Stadtgründung gleichen Namens im Jahre 1543 in der Nähe der Küste folgte schon zwei Jahre später die zweite an der heutigen Stelle – Grund dafür waren massive Klagen der ersten spanischen Siedler, denen am ursprünglichen Standort Moskitos und die hohe Luftfeuchtigkeit zu schaffen machten. Neues Siedlungsgebiet wurde die bisherige Maya-Stadt Zaci, die man zu diesem Zweck erst einmal zerstörte und deren Steine anschließend für den Bau der neuen kolonialen Siedlung verwendet wurden. Klar, dass sich die Mayas das nicht gefallen ließen – doch ihr Aufstand wurde mithilfe zusätzlicher spanischer Truppen, die aus Mérida anrückten, niedergeschlagen.

In den folgenden Jahrhunderten war Valladolid nach Mérida die wichtigste Kolonialstadt auf der Halbinsel; nach der Unabhängigkeit Mexikos wurde sie mit der ersten mit Dampfkraft betriebenen Textilfabrik des Landes ein Vorreiter der Industrialisierung, begünstigt auch durch einen Bahnanschluss. Die soziale Ungleichheit zwischen der Latino-Oberschicht und der indigenen Bevölkerung war jedoch gewaltig und führte 1848 zu einem Aufstand der Maya, die Valladolid zeitweilig in Besitz nahmen und die weiße Bevölkerung aus der Stadt vertrieben. Doch schon wenige Monate später eroberten die mexikanischen Regierungstruppen Valladolid zurück.

Dies alles und noch mehr erzählt eine hervorragend gestaltete Multimedia-Show, die von Mittwoch bis Sonntag allabendlich um 21 Uhr auf die historischen Gemäuer des auf das Jahr 1552 zurückgehenden Franziskanerklosters San Bernardino de Siena projiziert wird – auf uns wirkt diese Veranstaltung noch eindrucksvoller als das, was wir kurz zuvor in Mérida erlebt haben.

Auch tagsüber ist der Klosterbau Valladolids bedeutendste Sehenswürdigkeit. Das Bauwerk, in dem sich spätgotische Stilelemente mit Merkmalen der Renaissance vermischen, wurde an einem Cenote errichtet – das sind die typischen Wasserlöcher Yucatáns, deren Existenz hier die wichtigste Lebensgrundlage für Mensch und Tier darstellt.


Der stark verkarstete Kalkstein, der praktisch die gesamte Halbinsel bedeckt und über dem sich eine nur wenige Meter dicke Erdschicht befindet, sorgt dafür, dass das Niederschlagswasser schnell versickert und sich keine Flüsse bilden. Allerdings war die Kalksteindecke vielerorts so dünn, dass sie eingebrochen ist. Dadurch entstanden tiefe, zum Teil höhlenartige Löcher, in denen das Grundwasser ans Tageslicht tritt. Eine Tafel erklärt uns, dass es weltweit 6.000 solcher Cenotes gibt; 2.500 davon allein in Yucatán. Genau hier, an dem von den Maya Sis-Há genannten Cenote, errichteten die Franziskanermönche mit dicken Mauern ihren Konvent.

Die Wasserquelle wurde in jüngster Vergangenheit zu einer ergiebigen Fundstätte für Archäologen: Bei Tauchgängen fanden sie im Cenote eine ganze Reihe von Waffen, die auf die Zeit der Maya-Aufstände, Kastenkrieg genannt, in der Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgehen. Trotz der starken Korrosionsschäden nach 150 Jahren im Wasser sind sie bemerkenswerte Ausstellungsstücke im mittlerweile eingerichteten Museum.

In Valladolids bunten kolonialen Straßen lässt es sich gemütlich bummeln, zumal es hier entschieden ruhiger zugeht als in vielen anderen mexikanischen Städten.

Von besonderer Bedeutung ist selbstverständlich die zentrale Plaza, die hier den Namen Parque Francisco Cantón trägt. Sie ist rundherum von einer hübschen Balustrade umgeben und in der Mitte mit einem zierlichen Brunnen geschmückt; nicht fehlen dürfen natürlich die für Yucatán typischen Konversationsbänke…


An der Südseite der Plaza ragen die schlanken Doppeltürme der Hauptkirche von Valladolid auf, der im 17. Jahrhundert errichteten Iglesia de San Gervasio – und direkt gegenüber befindet sich unser Hotel. Zentraler kann man gar nicht wohnen!

So ist es von hier auch kein weiter Weg, um den Cenote Zací zu besuchen, der sich direkt in der Stadt befindet – und wir machen richtig große Augen, als wir da hinkommen: Zunächst deutet nichts auf etwas Besonderes hin, nur die Hinweisschilder verraten, dass wir richtig sein müssen – und dann, gleich hinter dem Kassenhäuschen, tut sich ein gewaltiges, annähernd kreisrundes Loch im Boden auf, tief unten glitzert es blaugrün, und man hört es plantschen… über viele Treppenstufen gelangen wir in die Grotte, steigen ins Wasser und genießen die Abkühlung in dieser einzigartigen Landschaft.




Und weil es so schön war und unser Hotel dazu ein gutes Angebot macht, besuchen wir am Samstag gleich noch einen Cenote – diesmal mit dem Namen Saamal ein paar Kilometer außerhalb der Stadt. Von einem Taxi dorthin gebracht, können wir dort für knapp acht Euro pro Person nicht nur baden gehen (in einer ähnlich schönen Umgebung, von kleinen schwarzen welsartigen Fischen umgeben, die einen guten Zweck erfüllen: Sie fressen die Exkremente, die Vögel immer mal wieder ins Wasser fallen lassen, sofort auf. Einziger Unterschied zu Zací: Hier sind Schwimmwesten Pflicht, da der Cenote 48 Meter tief ist!).







Nachdem wir uns genug erfrischt haben, können wir für diesen Preis auch noch üppig essen – inbegriffen ist nämlich das hervorragende Buffet im zum Cenote gehörenden Restaurant Selva Maya, das uns eine Vielzahl mexikanischer Spezialitäten anbietet. Man weiß gar nicht, wo man anfangen und wo man aufhören soll…

Hallo,ihr Beiden ,
inzwischen bin ich wieder auf dem neusten Stand eurer tollen Reiselektüre. Nach unserer 3 wöchigen Sri Lanka Reise bewundere ich diese super Berichterstattung noch viel mehr. Habe nur die paar Tage Reisetagebuch geschrieben und kann nur erahnen , was es heißt dies so lange Zeit durchzuhalten. Die Reise war wunderschön und die schönsten Erlebnisse waren die spontanen Begegnungen. Darüber mündlich mal mehr.
Unsere Enkel wachsen und machen viel Freude. Wenn ihr zurückkommt, wird Jeremy 1 Jahr alt.
Eure derzeitigen Badeorte sind ja echt ein Traum.
Viele Grüße senden Harald und Regina!
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