Bogotá.

Es ist soweit: Am Morgen des 1. Juni verlassen wir nach zwei hochinteressanten Reisemonaten Mexiko. Vom Aeropuerto Benito Juárez in Mexiko-Stadt fliegen wir zunächst über drei Stunden nach Panama-Stadt. Wie schon beim Hinflug, so sind wir auch diesmal wieder mit der panamaischen Fluggesellschaft Copa Airlines unterwegs, deren Drehkreuz die Landeshauptstadt ist. Von hier aus geht es nach etwa eineinhalbstündigem Zwischenaufenthalt weiter: Noch einmal eine gute Stunde im Flugzeug, dann sind wir zurück in Südamerika, in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá.

Frachtschiffe in Warteposition vor dem Panama-Kanal

Am Aeropuerto Internacional El Dorado Luis Carlos Galán Sarmiento ist überraschend wenig los, als wir kurz nach fünf Uhr nachmittags ankommen. Pass- und Zollkontrolle gehen reibungslos vonstatten; danach erkundigen wir uns, wie wir am besten zu unserer Unterkunft gelangen können. Busse gibt es zwar; doch jetzt, während des Feierabendverkehrs, sind sie meist überfüllt, wird uns erklärt. Mit unserem Gepäck ist es da einfacher, ein Taxi zu nehmen.

Topmoderner Apartmentbau Via 7

So sind wir eineinhalb Stunden später, es wird bereits dunkel, in Bogotás bester Wohngegend Chapinero, im Norden der Stadt gelegen, angekommen. Über Airbnb haben wir eine Wohnung gebucht – und landen im brandneuen Gebäude Via 7. Unser recht geräumiges Apartment im fünften Stock ist mit Küchenzeile, Schlafzimmer, Bad und Waschmaschine ausgestattet; alles auf gehobenem westlichem Niveau. Hier können wir sogar den Fernseher in der Schrankwand vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer drehen – echt toll! Und dank Internet-Fernsehen mit Youtube und Co. werden wir uns jeden Abend die Tagesschau ansehen und Antenne Bayern hören. Es gefällt uns so gut hier, dass wir die ursprünglich nur bis kommenden Samstag laufende Buchung gleich noch um zwei Tage verlängern; wir werden also übers Wochenende noch hier bleiben!

Hier lässt sich’s aushalten…

Auch der Supermarkt gleich um die Ecke, in dem wir uns nach der Ankunft mit einer Grundausstattung eindecken, lässt uns eher vermuten, zurück in Europa als in Südamerika zu sein. Es gibt Spezialitäten wie Wurst und Schinken aus Spanien, Nudeln und Tomatenprodukte aus Italien oder Bier aus Deutschland; wir finden selbst Joghurt von Zott, hergestellt im heimatlichen Landkreis, in den Regalen! Alles, was es hier gibt, ist gut und teuer; wir schauen lange hin und her und vergleichen die Preise, bevor wir unsere Waren auswählen – währenddessen haben wir das Gefühl, dass die Einheimischen beim Einkaufen nicht aufs Kleingeld schauen.

Monte von Zott in den Regalen – wie daheim beim Edeka!

Diese Eindrücke verstärken sich, als wir in den kommenden Tagen die Umgebung unserer Wohnung näher erkunden. Zentrum des Stadtteils ist die Plaza de Lourdes, deren Gesicht von der 1875 in neogotischer Bauweise errichteten Basílica de Nuestra Señora de Lourdes geprägt wird.

Chapineros Zentrum: die Plaza de Lourdes

In den Straßenzügen der Umgebung entdecken wir zahlreiche gepflegte Backstein- und Fachwerkhäuser, die uns an Norddeutschland erinnern. Die Temperaturen übrigens auch: Bogotá liegt auf über 2.600 Metern in den Anden; hier regnet es häufig, und die Tageshöchsttemperaturen liegen ganzjährig nur zwischen 15 und 20 Grad. Und das in einem tropischen Land!

Wohngegend in Chapinero: Backstein-…
…und Fachwerkhäuser

Die nahe Carretera 7, eine breite Hauptverkehrsstraße, ist von zahlreichen Bürotürmen gesäumt; auch Bogotás Börse ist, nur ein paar hundert Meter von unserer Wohnung entfernt, in einem dieser Hochhäuser untergebracht. Keine Frage: Wer hier wohnt, gehört nicht zu den Armen des Landes!

Im Finanzdistrikt von Kolumbiens Hauptstadt

Chapinero ist gespickt mit schicken Restaurants und Kneipen, man sieht edle Autos auf den Straßen, und wir kommen an Einkaufszentren vorbei, in denen sich die globalen Edelmarken ein Stelldichein geben – für uns, Jana ist auf der Suche nach einer neuen Jeans, ist das eindeutig ein paar Preisklassen zu hoch. Zum Glück gibt es auch noch andere Einkaufsmöglichkeiten… Im Centro Avenida Chile, nicht weit von unserer Wohnung entfernt, werden wir fündig. Dort befindet sich auch ein sehr gutes Programmkino mit internationalem Filmangebot. Und so sehen wir eines Abends im Cine Colombia den deutschen Film Paula über das Leben der Malerin Paula Becker – auf Deutsch mit spanischen Untertiteln. Als wir rausgehen, ist es für uns ganz komisch: Als wären wir im Kino in Augsburg gewesen und würden jetzt nur noch zu unserem Auto laufen und nachhause fahren müssen…

Das wirklich Irre hier ist, dass der Süden der langgestreckten kolumbianischen Hauptstadt von zahlreichen Elendsvierteln geprägt ist. Viele der dort lebenden Menschen haben nicht einmal genügend Geld zur Verfügung, um davon die Grundbedürfnisse decken zu können. Die sozialen Gegensätze scheinen in diesem Land, deren Wirtschaft als eine der am schnellsten wachsenden des Kontintents gerühmt wird, tatsächlich noch krasser zu sein als anderswo.

Topmoderne Shoppingmeile
Einkaufszentrum für die Upper Class
…man sieht’s schon an den dicken Schlitten
Auch die Restaurantketten kennt man von daheim
Und so sieht es in Bogotás Süden aus…

Wir haben ja fast zwei Monate Zeit für Kolumbien; daher haben wir beschlossen, hier noch einmal für eine Woche die Schulbank zu drücken und unser Spanisch, das sich im Laufe der Reise zwar zweifellos verbessert hat, aber grammatikalisch nach wie vor ziemlich fehlerhaft ist, noch ein bisschen aufzupolieren. Außerdem erhoffen wir uns Reisetipps für unseren Kolumbien-Aufenthalt. Den Standort unserer Wohnung haben wir so gewählt, dass wir leicht zu Fuß zur Sprachschule Nueva Lengua gelangen können, bei der wir uns für einen 20-stündigen Kurs angemeldet haben.

Unsere Sprachschule Nueva Lengua
Eingangsbereich der Schule

Google Maps hat wahrlich gute Dienste geleistet: Zehn Minuten brauchen wir am Montagmorgen (Pfingstmontag – zuhause ist Feiertag), schon sind wir in dem Sprachinstitut angekommen, können unsere zuvor bereits ausgefüllten Einstufungstests abgeben und darauf warten, ob wir beide in den gleichen Kurs kommen. Das klappt – obwohl unsere Antworten einige Male nicht übereingestimmt haben. Jeweils von 9 bis 13 Uhr absolvieren wir ein ziemlich straffes Programm: Zunächst gut zweieinhalb Stunden Grammatik und schriftliche Übungen mit der jungen Lehrerin Marcela, anschließend nach einer viertelstündigen Pause beim Kollegen Xavier noch eine Stunde Konversation.

Wieder in der Schule…
…aber diesmal als Lernende!

In unserem siebenköpfigen Kurs treffen sich sage und schreibe vier Kontinente: Wir vertreten Europa, außerdem gehören zwei Kanadier, eine Amerikanerin, ein Südafrikaner und ein Neuseeländer zu unserer Lerngruppe. Daneben gibt es noch einige weitere Kurse auf unterschiedlichem Niveau; auch Einzelunterricht kann gebucht werden. So ist hier wirklich ganz schön was los, und die Sprachschule bietet noch dazu nachmittags und am Wochenende Möglichkeiten zu gemeinsamen Aktivitäten.

Für die Neueinsteiger gibt’s am ersten Tag ein Essen

Über die Ausflüge in die Umgebung von Bogotá wird noch ein eigener Beitrag geschrieben werden; doch am heutigen Mittwoch sind wir freiwillig länger in der Schule geblieben, um an einem kleinen Kochkurs teilzunehmen. Papas criollas con Guacamole sollen zubereitet werden. Dieses beliebte kolumbianische Gericht besteht zum einen aus kleinen runden Kartoffeln, die ungeschält gekocht, gesalzen und anschließend noch in Öl angebraten werden. Dazu gibt es Guacamole: eine eigentlich typisch mexikanische Soße, die sich aber auch in Kolumbien großer Beliebtheit erfreut. Für sie werden Avocados mit einem Löffel ausgehöhlt und mit einer Gabel zerdrückt. Diese Masse wird mit Salz, Zwiebeln, Koriander, Tomaten und Limettensaft gewürzt und je nach Belieben noch mit einer scharfen Soße vermengt. Einfach zuzubereiten – und das Resultat schmeckt wirklich sehr lecker!

Wir helfen mit…
…bei der Zubereitung der Guacamole
Die Papas criollas sind auch fertig – guten Appetit!

Tja, Mexiko lässt uns also auch hier in Kolumbien nicht los! Kulinarisch nicht – und bei einem Spaziergang durchs Viertel glauben wir wirklich, wir sind wieder zurück in Mittelamerika. Gibt es hier doch tatsächlich die gleichen kleinen Supermärkte namens Oxxo, die wir in Mexiko buchstäblich an jeder Straßenecke gesehen haben und die uns den Spruch kreieren ließen: „Oxxo ist immer und überall!“ Und jetzt also auch in Kolumbien… – der mexikanische Konzern hat hier, wie wir nachlesen, nach der Heimat die meisten Filialen eröffnet.

Déjà-vu: Mexiko in Kolumbien – Oxxo ist immer und überall!