Bogotá.

Eineinhalb Wochen Aufenthalt in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá neigen sich nun dem Ende zu – Zeit genug, um neben unserem Spanischkurs auch noch einiges in und rund um die über 2.600 Meter hoch in den nördlichen Anden gelegene Sieben-Millionen-Einwohner-Stadt kennenzulernen.

Stimmungsvolle Gassen…

Historisches Herz Bogotás ist das Stadtviertel La Candelaria. Die Altstadt liegt von unserem Wohnviertel Chapinero ein ganzes Stück südlich und ist am einfachsten mit den Transmilenio-Bussen zu erreichen. In den schmalen Gassen ist noch das Flair der Kolonialzeit – Bogotá wurde 1538 von den spanischen Eroberern gegründet – spürbar.

…in Bogotás Altstadtviertel La Candelaria

Die sehr großzügig angelegte Plaza de Bolívar, um die sich einige repräsentative Gebäude gruppieren, unter anderem der Justizpalast und das Kapitol. Am auffälligsten ist jedoch sicherlich die Kathedrale: Das wichtigste Gotteshaus des Landes wurde anstelle eines älteren Vorgängerbaus Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet.

Hinter der Kathedrale…

Es gäbe in Bogotás Innenstadt noch einiges mehr zu entdecken – doch unsere Pläne lassen sich leider nicht realisieren. Besonders ärgerlich und das negativste Erlebnis in unseren bisherigen zehn Reisemonaten: Am Freitag nach der Schule wollen wir mit dem Bus erneut nach La Candelaria fahren, um an einem kostenlosen Stadtrundgang teilzunehmen, der vom städtischen Tourismusbüro angeboten wird. Zusammen mit unserem kanadischen Mitschüler Guillaume steigen wir in einen der überfüllten Transmilenio-Busse ein – und registrieren zwei Haltestellen später verblüfft, dass er urplötzlich aufgeregt hinausstürmt. Eine Armbanduhr bleibt am Boden liegen – doch sie war wohl nicht von ihm. Janas nächster Blick gilt ihrer Handtasche. Und es ist kaum zu glauben: Obwohl diese mit einem Klickverschluss und innen mit einem zugezogenen Zurrband doppelt gesichert ist, ist es einem fingerfertigen Taschendieb im Gedränge unbemerkt gelungen, unseren Geldbeutel und unsere Kamera zu klauen! Was Guillaume abhanden gekommen ist, erfahren wir erst später: Dem jungen Mann aus Montreal wurde das Smartphone (S7) gestohlen, ebenfalls aus der Tasche.

Parque de los Periodistas am Rande der Altstadt

Den Stadtrundgang können wir unter diesen Umständen natürlich vergessen – ein schwacher Trost, dass es kurz danach stark zu schütten beginnt. Sauer sind wir besonders über den Verlust unserer Kamera; Dokumente oder Kreditkarten bewahren wir eh immer getrennt vom Bargeld auf, es fehlt nichts absolut Wichtiges – und alle Bilder, die auf der Kamera waren, sind zum Glück auf dem Laptop und in der Dropbox schon doppelt gesichert. Unsere letzten zwei Reisemonate werden wir fotografisch nun wohl mit Handy und einer billigen Filmkamera, die auch Bilder macht, dokumentieren – auch wenn die Bilder qualitativ nun sicher nicht mehr so gut sind wie bisher.

Am Sonntag macht uns nachmittags dann das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Wir wären gern mit der Seilbahn zu Bogotás berühmtem Hausberg Monserrate hinaufgefahren und hätten von dort oben, in über 3.100 Metern Höhe, den tollen Ausblick auf die Stadt genossen. Außerdem wollten wir auch das vielgepriesene Museo del Oro mit seiner reichen Sammlung präkolumbischer Goldkunstwerke besuchen. Aber… auch heute Nachmittag gießt es wieder derart heftig, dass wir auf die Fahrt ins Zentrum verzichten. Irgendwie haut das mit uns und Bogotá einfach nicht richtig hin!

Mehr Glück haben wir mit den Ausflügen ins Umland, die wir mit der Sprachschule Nueva Lengua unternehmen. Am Dienstagnachmittag fahren wir mit dem schuleigenen Kleinbus als Teil einer recht kleinen Gruppe nach Zipaquirá, einer mehr als 100.000 Einwohner zählenden Stadt ein Stück weit nördlich von Bogotá. Der Ort ist wegen der reichen Salzvorkommen schon vor Jahrhunderten zu Wohlstand gelangt. Hauptattraktion ist die Catedral de Sal: Bergleute haben hier bereits Mitte des 20. Jahrhunderts aus dem Salzgestein eine riesige, mehrschiffige unterirdische Kirche herausgearbeitet. Nachdem diese 1990 wegen Sicherheitsmängeln für die Öffentlichkeit geschlossen wurde, wurde alles komplett neu gestaltet.

Effektvoll beleuchtet: der Eingang zur Salzkathedrale
Eine der Kreuzweg-Stationen
Krippenfiguren aus Salzstein

Heute ist der Weg zur Salzkathedrale als Kreuzweg gestaltet, dessen 14 Stationen mit Kunstwerken und immer größer werdenden Kreuzen versehen sind. Bevor wir das gewaltige dreigliedrige Kirchenschiff erreichen, kommen wir noch durch eine kleine, mit einer effektvoll beleuchteten Kuppel gekrönte Kapelle.

Kleine Kapelle…
…und Mittelschiff der Salzkathedrale

Dahinter wird es dann erst einmal ziemlich kommerziell: Zahlreiche Schmuck- und Andenkenläden warten auf Kunden und ein unterirdisches Café sorgt für Speis und Trank. Für Unterhaltung sorgen ein Saal mit einer Light-Show und ein 3-D-Kino, in dem die Enstehung der Salzvorkommen anschaulich erklärt wird.

Lichtershow…
…und ein Laden mit Salzstein-Souvenirs

Auf dem Rückweg halten wir noch kurz an der Plaza Gonzales Forero, dem Mittelpunkt von Zipaquirá – ein sehr stilvoller Platz mit der Kathedrale, dem Rathaus und einer Reihe von wunderschönen, gepflegten Kolonialgebäuden.

Zipaquirás Kathedrale im Abendlicht
Kolonialzeitliche Gebäude prägen das Gesicht der Plaza Gonzales Forero

Ein paar Jugendliche fragen uns, woher wir kommen – ich erzähle ihnen, dass wir aus Deutschland sind und dass ich dort als Lehrer gleichaltrige Kids unterrichte, worauf sie sich gleich mit mir zusammen fotografieren lassen. Zu einem richtigen Klassenfoto reicht es nicht, dafür sind es dann doch nicht genug…

Gruppenbild mit kolumbianischen Kids (und einem Brasilianer)

Am Samstag um neun Uhr ist die Gruppe, die sich an der Sprachschule versammelt hat, um einiges größer: Diesmal geht die Fahrt in den Südwesten der Stadt in den Parque Natural Chicaque. Der privat geführte Naturpark liegt auf einer Höhe von etwa 2.100 bis 2.600 Metern und ist von dichtem, äußerst artenreichem Nebelwald bedeckt.

Im Nebelwald von Chicaque

Die Wanderung durch diese idyllische, fast verwunschen wirkende Waldlandschaft lässt einen die nahe Metropole vollkommen vergessen. Obwohl es nicht regnet, sind die Steine, über die wir laufen, oft recht glitschig; und da es – unüblich für eine Bergwanderung – zunächst talwärts geht, muss man da besonders gut aufpassen. Auf gut der Hälfte des Abstiegs gibt es eine Abzweigung zu einem kleinen Zwischengipfel, zu dem wir sogar ein bisschen kraxeln müssen – der 2.290 Meter erreichende Pico de Águila bietet bei schönem Wetter einen herrlichen Panoramablick.

Üppige Vegetation…
…und bizarres Wurzelgeflecht
Hinauf zum Pico de Águila

Zunächst sehen wir nur Wolken, die aus dem Tal die bewaldeten Hänge hinaufziehen. Doch wir bleiben eine ganze Stunde und haben Glück: Die Wolken reißen auf, unten wird ein wunderschön grünes Tal sichtbar, während im Hintergrund die Bergflanke immer besser zu erkennen ist.

Angekommen…
Warten auf bessere Sicht
In einsamen Höhen…
Die Wolkendecke zieht höher…
…und lässt tolle Felsformationen zum Vorschein kommen
Auch der Blick ins Tal wird frei…

Eine ansehnliche, bewirtschaftete Berghütte bietet Gelegenheit zu einer Rast und einer Stärkung, ehe wir zum Schluss die fast 500 Meter Höhenunterschied zum Eingang des Naturparks wieder bergauf laufen müssen – trotz kühler Temperaturen ist das eine schweißtreibende Angelegenheit!

Die Berghütte ruft…
Zeit für ein ordentliches Essen!

Dafür werden wir kurz vor dem Ziel an einer Aussichtsplattform mit einem herrlichen Weitblick belohnt – wir sind gerade angekommen, schon verschwinden die Nebelwolken und vermitteln uns einen Eindruck von der tollen Andenlandschaft.

Wunderschönes grünes Andenhochland…
…im diffusen Licht des Spätnachmittags

Doch es ist nicht nur die Wanderung selbst, die diesen Tag zu einem richtig schönen Erlebnis werden lässt – hier haben wir wesentlich mehr Zeit als in der Schule, uns mit den Sprachschülern der verschiedensten Altersstufen und aus aller Herren Länder zu unterhalten. Es ist eine lustige, bunt gemischte Gruppe, mit der wir unterwegs sind: Neben den beiden kolumbianischen Begleitern von der Sprachschule wandern wir mit einer Kanadierin, einer Engländerin, einer Französin, einem Belgier, einem Niederländer, einem US-Amerikaner, einem Brasilianer und zwei Deutschen durch den Naturpark. Zum Abschluss des Tages geht eine achtköpfige Gruppe aus sieben Ländern (wir zwei sorgen dafür, dass nicht alle woanders herkommen) noch zum Pizzaessen – und beim Bezahlen stellen wir bedröppelt fest, dass wir zu wenig Geld dabei haben. Kein Problem: Der freundliche Brasilianer Michael hilft uns aus, und wir bringen ihm am Sonntagmorgen das geliehene Geld vorbei; zum Glück wohnt er nicht weit weg in einem Hostel gleich neben der Sprachschule.

Unsere bunte Gruppe

Danach besuchen wir den nördlichsten Stadtteil Bogotás, Usaquén. Ursprünglich ein kleines koloniales Dorf, wurde der Ort im 20. Jahrhundert von der immer weiter wachsenden Hauptstadt aufgesaugt und verlor Mitte der 50er Jahre seine kommunale Eigenständigkeit. Längst sind rundherum moderne Bürogebäude und Einkaufszentren entstanden, dennoch hat Usaquén im Ortskern sein kleinstädtisches Flair bewahrt.

Kleinstädtisches Flair in Usaquén

Vor allem rund um den Parque de Usaquén drängen sich sonntags die Besucher, um in den netten Gässchen das Angebot auf dem Flohmarkt zu begutachten, eines der zahlreichen Restaurants und Cafés zu besuchen oder einfach zu flanieren.

Buntes Warenangebot auf der Plaza de Usaquén
…und in den Gassen rundherum

Vielleicht das idyllischste Fleckchen, das Kolumbiens Hauptstadt zu bieten hat – schön, dass wir, einer Empfehlung unseres Mitschülers Connel aus Südafrika folgend, diesen Ausflug noch gemacht haben. Und kaum zu glauben, dass wir ihm bei unserem Spaziergang durch Usaquén tatsächlich noch einmal begegnen – selbst in einer so riesigen Stadt wie Bogotá ist das also möglich!

Regenpause…