Barichara.

Nach drei Tagen in El Cocuy verlassen wir das Gebirgsdorf am Freitag wieder. Diesmal ist es ein richtiger Reisebus, in den wir vormittags um halb elf Uhr am Parque Principal einsteigen. Was auf dieser kurvigen Bergstrecke nicht unbedingt ein Vorteil ist: Zum einen ist der große Bus schwerfälliger als der Kleinbus, mit dem wir den Hinweg zurückgelegt haben, außerdem hält er unterwegs an jedem Kuhstall an, um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen. So dauert die Fahrt über acht Stunden und die Dunkelheit ist bereits hereingebrochen, als wir in Tunja ankommen. Die Hauptstadt des Departements Boyacá haben wir vor über einer Woche bei einem Tagesausflug von Villa de Leyva aus bereits kennengelernt; heute ist sie Zwischenstation für eine Nacht. Wir freuen uns über ein schönes Zimmer im Hotel Posada San Agustín, über eine nahegelegene Kneipe, in der es sehr gutes Bier einer örtlichen Kleinbrauerei mit dem deutschen Namen Bruder gibt, und machen am Morgen beim Frühstück Bekanntschaft mit einer deutschen Familie, bei der die Eltern gerade die Tochter besuchen. Die hat ihr freiwilliges soziales Jahr in einer Schule in Bucaramanga fast hinter sich und kann uns einige gute Tipps für unsere weitere Route durch Kolumbien geben.

Abends gibt ein gutes Bruder-Bier…

Unsere nächste Etappe steht allerdings schon fest: Sie führt, wieder einmal mit Kleinbussen, von Tunja Richtung Norden – zunächst in vier Stunden nach San Gil, von dort dann noch einmal gut 20 Kilometer in das kleine Kolonialstädtchen Barichara, das als eines der schönsten Kolumbiens gilt. Folge: Der Ort ist ein äußerst beliebtes Ausflugsziel, und an einem verlängerten Wochenende wie diesem quillt er fast über vor Touristen. Wir haben das schon bemerkt, als wir vor einiger Zeit eine Unterkunft gebucht haben – es war gar nicht einfach, etwas einigermaßen Günstiges zu finden; wir entschieden uns schließlich für das Hostal Casa Nacuma.

Gemütlicher Innenhof in unserem Hostel

Barichara, eine gut 7.000 Einwohner zählende Kleinstadt, ist wirklich äußerst pittoresk und ein sehr angenehmer Ort – auch, was die Temperaturen angeht, denn nach über drei Wochen sind wir nun endlich in einer wärmeren Region Kolumbiens angekommen; hier steigen die Temperaturen tagsüber auf gut 25° Celsius an, und nachts wird es zwar etwas kühler, aber nicht wirklich kalt.

Wunderschöne Gassen und angenehmes Klima in Barichara

Seine Beliebtheit verdankt das 1702 gegründete Barichara in erster Linie seiner hervorragend erhaltenen Kolonialarchitektur. Die auf dem Rücken eines Berghangs erbaute Stadt entzückt mit den alten, gepflasterten Gassen, die noch wie vor Jahrhunderten von mit rostroten Ziegeln gedeckten, höchstens einstöckigen Häusern gesäumt sind.

Das Landstädtchen liegt in malerischer Berglandschaft
In den Gassen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein

Der typische quadratische Grundriss des Ortes gibt lange Sichtachsen frei, die den Blick in die wunderschöne grüne Berglandschschaft rund um Barichara erlauben. Der Ortsname bedeutet im Dialekt des hier ursprünglich beheimateten indigenen Volkes der Guane nicht umsonst Platz zum Ausruhen.

Stadt und Umland in harmonischem Miteinander

Baricharas beeindruckendstes Bauwerk ist zweifellos die Catedral de la Inmaculada Concepción. Der doppeltürmige, mächtige Sandsteinbau aus dem 18. Jahrhundert dominiert den Parque Central des Ortes und wirkt auch in seinem Inneren sehr feierlich.

Baricharas Catedral de la Inmaculada Concepción
…mit sehenswerter Innenansicht

Ältester Sakralbau Baricharas ist jedoch die kleine, auf einem Hügel am nördlichen Stadtrand gelegene Capilla de Santa Bárbara, deren Baustil sehr an gleichaltrige Dorfkirchen im spanischen Mutterland erinnert.

Wie aus dem Mittelalter: Capilla Santa Bárbara

Gleich daneben erstreckt sich der Parque Para Las Artes – hier haben Bildhauer aus dem In- und Ausland Werke mit Bezug zum Thema Wasser aufgestellt, und zudem bieten sich von hier herrliche Ausblicke ins weite Tal des Río Suárez.

Parque Para Las Artes: Kunstwerke…
…und tolle Landschaftspanoramen

Dort, knapp 300 Meter tiefer, liegt das hübsche Dorf Guane, nach dem hier früher lebenden indigenen Volk benannt, zu dem ein uralter Weg von Barichara hinunter führt, der unter dem Namen Camino Real bekannt ist. Er wurde vor fast 30 Jahren zum Nationalmonument erklärt. Gepflastert ist dieser Pfad allerdings erst seit dem 19. Jahrhundert: Damals ließ der deutschstämmige Unternehmer und Ingenieur Georg „Geo“ von Lengerke hier zahlreiche Straßen anlegen und Brücken bauen; sein Name genießt hier im Departamento Santander immer noch einen hervorragenden Ruf.

Durch ursprünglich wirkende Natur…

…laufen wir den Camino Real talwärts

Wir gehen diesen Weg durch eine idyllische, herrlich ruhige Natur talwärts und haben nach kaum eineinhalb Stunden bereits Guane erreicht. Wirklich nicht mehr als ein kleines Dorf, doch auch es profitiert offenkundig vom Tourismus; es gibt einige Kunsthandwerk- und Lebensmittelläden und selbst hier eine repräsentative Plaza, um die herum sich koloniale Bauten wie ein archäologisches Museum und die Santa Lucía geweihte Dorfkirche gruppieren. Wieder so ein schöner, gepflegter und blitzsauberer kleiner Ort – waren es in Mexiko die tollen größeren Städte, die uns begeistert haben, sind es hier in Kolumbien immer wieder die kleinen Dörfer und Städtchen.

Guanes Parque mit Archäologischem Museum und Uhrturm

Den ganzen Weg nach Barichara wieder bergauf laufen? Nicht notwendig, denn wozu gibt es denn die kleinen Linienbusse – die verbinden auch sonn- und feiertags zuverlässig die benachbarten Ortschaften. In 20 Minuten und für umgerechnet etwa 70 Cent pro Person sind wir wieder zurück in Barichara…