Manizales.

Unser Aufenthalt in Medellín geht zu Ende: Am Sonntagmorgen lassen wir uns ans Terminal Sur der Millionenstadt bringen und nehmen in einem Kleinbus, der – mit Mittagspause – knapp fünfeinhalb Stunden braucht, die 195 Kilometer lange Tagesetappe nach Süden in Angriff. Es geht wieder einmal über Berg und Tal, eine Kurve folgt auf die andere; am Ende haben wir die knapp 400.000 Einwohner zählende, auf 2.160 Metern liegende Hauptstadt des Departements Caldas, Manizales, erreicht. Am Busbahnhof – von ihm aus kann man übrigens direkt in eine Seilbahn umsteigen! – verfolgen wir zunächst die letzten Minuten des Confed-Cup-Finales zwischen Deutschland und Chile mit und freuen uns über den unerwarteten Erfolg von Jogis Jungs, ehe wir uns ins Hostal Kumanday bringen lassen, in dem wir für zwei Nächte reserviert haben.

Busbahnhof mit Seilbahnanschluss…

Als Stadt ist Manizales nicht besonders sehenswert; der Ort wurde erst 1849 gegründet, brannte 1925 vollkommen nieder und wurde anschließend modern wieder aufgebaut. Wir wohnen außerdem eh wieder einmal weit vom Stadtzentrum entfernt in einem guten Wohnviertel, laufen nur mal kurz zur nahen Cable Plaza, einem von Einkaufszentren, Banken und Restaurants umringten Platz in der Umgebung der Universität, die sich zu einer Art zweiter Stadtmitte entwickelt hat. Das dortige Wahrzeichen ist der ehemalige Turm einer Seilbahn, Torre de Herveo genannt, um den herum inzwischen ein Park angelegt wurde.

Nahe der Cable Plaza – Manizales‘ modernes Zentrum liegt hoch oben auf einem Bergrücken
Ein Technikdenkmal als Wahrzeichen: Torre de Herveo

Wegen der Stadt sind wir auch nicht hierher gefahren; vielmehr ist es die wunderschöne Landschaft rundherum, die einen Besuch lohnenswert macht. Manizales gilt als nördliches Eingangstor zur Zona Cafetera, dem Hauptproduktionsgebiet des weltweit berühmten kolumbianischen Kaffees, und es liegt außerdem nahe am Parque Nacional Natural Los Nevados. Nachdem wir die Kaffeegegend ohnehin noch auf unserem Reiseplan stehen haben, entscheiden wir uns dafür, an einer Tagestour in den Nationalpark teilzunehmen, zu der wir am Montagmorgen um sieben Uhr direkt an unserem Hostel abgeholt werden. Es kommt eine ansehnliche Gruppe zustande – neben einigen ausländischen Reisenden sind auch viele Kolumbianer mit von der Partie; sie profitieren dank ihres Feiertagskalenders vom dritten verlängerten Wochenende in Folge.

In dieser tollen Bambushütte frühstücken wir
Durch die intensiv grüne Landschaft rund um Manizales…

Um den Park zu erreichen, müssen wir erst einmal gut 35 Kilometer Richtung Osten fahren und einen Höhenunterschied von fast 2.000 Metern überwinden. Dabei passieren wir mehrere unterschiedliche Klima- und Vegetationszonen. Den Nebelwald haben wir längst hinter uns gelassen, als wir auf etwa 3.800 Metern den ersten Halt einlegen – noch vor dem Beginn des Nationalparks, denn hier befindet sich mit der Laguna Negra, einem kleinen Bergsee, das sehenswerte Überbleibsel eines vor 10.000 Jahren erheblich größeren Gletschers. Sie ist von der typischen, von Frailejones dominierten Páramo-Vegetation umgeben, die wir schon in den Ostanden kennengelernt haben.

…erreichen wir die 3.800 Meter hoch gelegene Laguna Negra

Gelegenheit für unseren Guide, auf die ökologische Problematik von Landwirtschaft in diesen Höhenlagen hinzuweisen – Teile dieser Region werden nämlich wie eh und je von einheimischen Bauern bewirtschaftet, die hier zum Teil Kartoffeln anbauen, zum Teil Rinderzucht betreiben. Beides mit erheblichen Folgen für das empfindliche Ökosystem: Die Kartoffeln entziehen dem Boden die spärlichen Nährstoffe und trocknen ihn aus, die Kühe verdichten mit ihren Hufen das Erdreich und erschweren damit ebenso die Aufnahme von Wasser – und genau diese Funktion, nämlich das Speichern von großen Mengen von Wasser, das in Zeiten der Trockenheit langsam abgegeben wird, macht den Páramo auch für die tiefer liegenden Gebiete von so großer Bedeutung.

Ökologisch bedenklich: Kartoffelanbau im Hochgebirge

Durch spektakuläre Felslandschaft erreichen wir den Nationalparks-Eingang Las Brisas. Er liegt auf etwa 4.100 Metern Höhe, beherbergt ein kleines Café, ein Informationszentrum und ist der Punkt, ab dem die Begleitung durch einen Angestellten des Parque Natural Nacional obligatorisch ist. Größere Wanderungen sind in diesem Gebiet seit einigen Jahren nicht mehr erlaubt – Grund dafür ist die erhöhte vulkanische Aktivität des 5.389 Meter hohen Nevado del Ruiz. Sein Ausbruch im Jahre 1985 sorgte für weltweite Schlagzeilen, da eine dadurch ausgelöste Schlammlawine den 47 Kilometer entfernten Ort Armero komplett verschüttete und 22.000 Menschenleben kostete.

Eindrucksvolle Landschaft…
…mit bizarren Bergformationen
Frailejones rund um die Nationalparks-Hütte

So ist es nur an den vom Nationalpark erlaubten Stellen zulässig, auszusteigen, ein bisschen herumzulaufen und sich die fremdartige Natur in dieser enormen Höhe anzusehen – zunächst treffen wir noch Pflanzen des Páramo an und erleben mit, wie sie an Steilhängen tröpfchenweise das gespeicherte Wasser abgeben, noch weiter oben ist es dann das im Spanischen als Super-Páramo bezeichnete Gebiet, in dem nur noch extrem widerstandsfähige, endemische Büsche den rauen Bedingungen trotzen.

Páramo-Vegetation mit Frailejones
…und den Conchas del Agua, die eine sehr harte Oberfläche bilden
Wichtiger Wasserspeicher Páramo
Im Super-Páramo wird die Vegetation spärlich

Am 4.450 Meter hoch gelegenen Valle de las Tumbas, einer canyonartigen Schlucht, ist endgültiger Schlusspunkt unserer Fahrt durch eine Region, die inzwischen nur noch aus Sand und Steinen besteht, eine wahre Mondlandschaft. Es weht ein kalter Wind, Wolkenschwaden ziehen über die in verschiedenen Farbtönen schimmernden Bergflanken, und ab und zu geben sie zumindest teilweise sogar Blicke auf den teilweise schneebedeckten Vulkan, den zweithöchsten aktiven der Nordhalbkugel, frei. Er stößt derzeit enorme Mengen an schwefelhaltigen Dämpfen aus, sodass eine weitere Annäherung schon aus gesundheitlichen Gründen nicht sinnvoll wäre.

Fahrtende in einer Mondlandschaft…
In der Hochgebirgswelt…
…rund um den Nevado del Ruiz
…bestaunen wir bizarre Landschaftsformen
Informationshütte am Fuße des Nevado del Ruiz

Die Tour führt anschließend zurück in Richtung Manizales – doch sie enthält am Nachmittag noch einen Programmpunkt, auf den sich alle Teilnehmer nach der ungemütlichen Kälte im Hochgebirge ganz besonders freuen: Eine Stunde lang dürfen wir in den sehr schön angelegten, von einer herrlichen Berglandschaft umgebenen Ecotermales del Otoño, die einige Kilometer außerhalb der Stadt liegen, im angenehm warmen Wasser entspannen, ehe wir anschließend an unsere Unterkunft zurückgebracht werden.

In den Ecotermales del Otoño
…gibt es danach Gelegenheit zum Entspannen