Fontein.

Unsere Woche in dem wunderschönen Ferienhäuschen auf Curaçao, der größten und bevölkerungsreichsten der ABC-Inseln (zu ihnen zählen außerdem noch Aruba und Bonaire, die mit unterschiedlichem politischem Status ebenfalls zur Niederlande gehören; zudem gibt es auch in den östlichen Antillen einige niederländische Inseln), haben wir in erster Linie zum Entspannen am Ende eines für uns einzigartigen und unglaublich erlebnisreichen Reisejahres vorgesehen. Und dazu bieten sich am Südufer der Insel, die sich in einer Länge von 61 Kilometern und einer maximalen Breite von 15 Kilometern von Nordwesten nach Südosten erstreckt, zahlreiche kleine Badestrände an. Die wesentlich rauere Nordküste, an der die offene Karibik anbrandet, ist dagegen zum Baden ungeeeignet.

Von Blumenhecken umrankt…
…und mit bewachter Zufahrt: der Villapark Fontein
Unser Ferienhaus ist perfekt ausgestattet – sogar ein Gasgrill steht zur Verfügung

Wir testen verschiedene Strandabschnitte aus: Der Grote Knip im Nordwesten der Insel ist vor allem bei Einheimischen sehr beliebt. Wie überall ist das Wasser klar, der Einstieg wird aber durch zahlreiche Steine, die meist von den vorgelagerten Korallenriffen stammen, etwas erschwert.

Beliebte Badebucht Grote Knip
…mit einer Klippe für mutige Springer

Noch ein Stück weiter nördlich, direkt am kleinen Ort Westpunt, befindet sich die Playa Grandi. Bevor wir hierher fahren, rüsten wir uns extra noch mit einem Schnorchel aus – und die Investition lohnt sich: Riesige Fischschwärme sind hier ganz nahe der Küste zu bewundern, und als besondere Attraktion schwimmen zwischen den vor Anker liegenden Booten und dem Pier, der von einigen örtlichen Fischern genutzt wird, Meeresschildkröten herum. Sie sind die täglichen Menschenbesuche gewohnt und lassen sich von uns neugierigen Besuchern nicht stören.

Die Playa Grandi ist ein perfektes Schnorchelrevier zum Beobachten von Meeresschildkröten…
…im Nordwesten von Curaçao

Für Schnorchel und Taucherbrille haben wir auch an unserem Lieblingsstrand gute Verwendung: Die Playa Cas Abao ist von unserem Ferienhaus nicht viel mehr als fünf Fahrminuten entfernt, sehr gepflegt, liegt in einer von Felsen umrahmten kleinen Bucht und bietet für eine kleine Gebühr einen Parkplatz direkt am Strand, schattige Plätze mit Liegen und herrliches, ruhiges Wasser, in dem wir uns nicht nur abkühlen, sondern unter Wasser unzählige Fischarten in allen nur erdenklichen Farben und Formen beobachten können.

Karibik-Traumstrand wie aus dem Bilderbuch…
Playa Cas Abao

Doch Curaçao, das haben wir nicht zuletzt dank der vielen tollen Tipps unseres Vermittlers Paul schnell festgestellt, hat so viel zu bieten, dass wir unsere Woche auf der Insel nicht nur am Strand verbringen wollen. Eine wunderbare Gelegenheit, einen Einblick in die lokale Geschichte und Kultur zu erhalten, eröffnet sich uns am Sonntagvormittag. Das nur wenige Kilometer entfernte Landhuis Ascencion besteht bereits seit 1672. Da es im Unterschied zu den meisten anderen Gegenden Curaçaos über eine gute Wasserversorgung verfügte, wurden hier jahrhundertelang erfolgreich Mais, Bohnen und Baumwolle angebaut. Später war darin eine Offiziersschule des niederländischen Militärs untergebracht.

Tag der Offenen Tür im Landhuis Ascencion

Heute veranstalten die jetzigen Besitzer an jedem ersten Sonntag im Monat einen Tag der offenen Tür, an dem im Inneren des Landgutes Kunsthandwerk ausgestellt und zum Verkauf angeboten wird, während draußen traditionelle Tanz- und Musikvorführungen stattfinden und mit Speis und Trank für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt wird. Was uns die Möglichkeit verschafft, mit einem sehr netten niederländischen Ehepaar Bekanntschaft zu schließen, das vor einem Jahr nach Curaçao ausgewandert ist und keinen Gedanken an eine Rückkehr in die über weite Teile des Jahres kalte und regnerische Heimat verschwendet.

Im Inneren des Landhuis
…wird Kunsthandwerk angeboten
Draußen gibt’s Speis und Trank…
…und inseltypische Folklore…
…mit niederländischen…
…und karibischen Elementen
Denkmal für das nationale Instrument Wiri in Barber

Nur ein paar Kilometer zu fahren sind es auch in das nette kleine Dorf Sint Willibrordus, unweit der Südküste gelegen. Hier fällt uns zum einen die schöne neogotische katholische Pfarrkirche gleichen Namens auf, die zwischen 1884 und 1888 errichtet wurde. Auch der Friedhof gleich daneben ist interessant – die inseltypischen Gräber gleichen Miniaturausgaben von Häusern, die Friedhofswege muten dementsprechend wie kleine Dorfstraßen an.

Neogotische Pfarrkirche von Sint Willibrordus
Der Friedhof gleicht einem Miniaturdorf

Nicht weit davon entfernt erreichen wir die Saliña Sint Marie. Der natürliche Salzwassersee wurde früher für die Salzgewinnung genutzt; heute hat sich hier eine stattliche Flamingokolonie angesiedelt, die in dem flachen Wasser der Lagune gründelt.

Die Saliña Sint Marie
…bietet Lebensraum für eine stattliche Flamingokolonie

Eine weitere reizvolle landschaftliche Besonderheit ist die von Korallen- und Kalkfelsen gebildete Nordwestspitze der Insel. Hier entdecken wir Watamula, die Wassermühle – ein Begriff, der sich zum einen auf die wechselnden Strömungen vor der windigen Küste bezieht, aber auch ein gewaltiges Loch (in der Fachsprache als Blowhole bezeichnet) meint, das in einem überhängenden Felsen klafft und durch das das brausende Meeereswasser immer wieder in schäumenden Gischten hinaufjagt.

Rauer Küstenabschnitt im Nordwesten von Curaçao
Blowhole am Küstenabschnitt Watamula

Am Mittwoch stehen wir früher auf als sonst: Der Besuch des Christoffelpark, eines Nationalparks im Nordwesten der Insel, wird vor allem in den Morgenstunden empfohlen. Er hat zwei Rundwege zu bieten, die mit dem Auto befahren werden können (der zum Meer hin ist allerdings wegen Straßenbauarbeiten gerade gesperrt). Die Bergroute führt zunächst zu den Zorgvlied-Ruinen – eine Plantage, die vor langer Zeit aufgegeben wurde und über deren noch existierende Grundmauern sich die dornige, von Kakteen und Trockenheit liebenden Büschen dominierte Vegetation gezogen hat. Von hier bieten sich auch schöne Ausblicke auf die Nordküste und man kann zahlreiche kleine Echsen auf ihren Streifzügen durchs Gebüsch beobachten.

Die Ruinen der ehemaligen Plantage Zorgvlied
…werden allmählich von Kakteen und Sträuchern überwuchert
Weiter Blick hinaus aufs Meer

Ein weiterer Aussichtspunkt in dem sehr hügeligen, über und über von Trockenwald bedeckten Gelände verschafft uns die Möglichkeit zu einem Blick auf die Südküste. Schön zu sehen ist die ehemalige Plantage Knip, die auf das Jahr 1693 zurückgeht und später Schauplatz eines Sklavenaufstands war.

Umfeld der Plantage Knip an der Südküste

Hauptattraktion des Parks ist zweifellos der Sint-Christoffelberg, der dem Park seinen Namen gegeben hat und seinerseits wiederum nach Amerika-Entdecker Christoph Kolumbus benannt ist. Mit 375 Metern ist er zwar kein Bergriese, aber immerhin die drittgrößte Erhebung der Niederlande. Nur zwei niederländische Vulkaninseln in der Ostkaribik haben noch höhere Berge: Auf Saba erreicht der Mount Scenery 877 Meter, The Quill auf Sint Eustatius weist eine Höhe von 601 Metern auf.

Der Sint-Christoffelberg ist mit 375 Metern die höchste Erhebung von Curaçao

Ein Wanderweg führt von einem Parkplatz hinauf auf den höchsten Berg von Curaçao. Die Länge der Strecke und der zu bewältigende Höhenunterschied sind nicht die entscheidenden Faktoren, die es beim Marsch auf den Gipfel zu bedenken gilt – es sind die hohen Temperaturen, die es unbedingt erforderlich machen, genügend Wasser mitzunehmen. Und weil leichtsinnige Touristen die Bedingungen schnell mal unterschätzen, hat die Parkverwaltung eine klare Regelung erlassen: Es ist verboten, die Wanderung später als um elf Uhr zu beginnen.

Auf geht’s zum Gipfelsturm!

Wir sind früh genug dran, schwitzen trotzdem anständig, sehen unterwegs wunderschöne Bromelienarten und im Wind wehende Bartflechten, erspähen im Unterholz einen Schopfkarakara (einen Greifvogel mit imposantem orange gefärbtem Schnabel) und begegnen einem mächtigen Leguan, der nervös ständig mit seinem Kopf nickt.

Farbenprächtige Bromelien
Ein Schopfkarakara versteckt sich im Gebüsch
Auch Leguane fühlen sich auf der Insel wohl

Der sehr gut markierte Wanderweg wächst sich zum Schluss in eine richtige Kletterpartie aus. Wir müssen mehrmals die Hände zu Hilfe nehmen, um die letzten Höhenmeter zu bewältigen. Nach gut einstündigem Aufstieg werden wir für die Anstrengung mit einem herrlichen Rundblick über die Insel und einem angenehm kühlenden Wind belohnt.

Zum Schluss wird der Weg…
…zu einer Kletterpartie
Doch jetzt ist es geschafft!
Lohn der Mühen…
..ein weiter Blick übers Land

Ein Besuch von Curaçao wäre unvollständig, würden wir uns nicht auch über die Herstellung des gleichnamigen Likörs informieren, der besonders in seiner blauen Variante als Basis für Mixgetränke große Bekanntheit genießt. Dazu fahren wir in den Willemstader Vorort Saliña Ariba, wo im Landhuis Chobolobo seit 1896 die Firma Senior & Co. das hochprozentige Getränk produziert.

Das Landhuis Chobolobo ist Sitz einer Likörfabrik

Wichtigste Zutat für den Curaçao sind die getrockneten Schalen einer Orangenart, die von den Spaniern auf die Insel gebracht wurde. Der Versuch, sie hier zu kultivieren, scheiterte aber an den klimatischen Bedingungen, die dazu führten, dass die Früchte sehr bitter schmeckten. Die Orangen verwilderten allmählich, sodass eine eigene Bitterorangen-Unterart entstand. Zusammen mit verschiedenen Gewürzen, Wasser und aus Zuckerrohrsaft gewonnenem Alkohol entsteht aus den ätherischen Ölen der Schale ein aromatischer Likör. Da die Bezeichnung Curaçao nicht geschützt ist, dürfen Hersteller weltweit Produkte unter diesem Namen auf den Markt bringen. Doch auch hier gilt: Das Original ist mit den Kopien nicht zu vergleichen, er schmeckt auch pur sehr gut, während der bei uns bekannte Blue Curaçao nur als Basis für Mischgetränke dient. Blau ist übrigens nicht die einzige exotische Farbe dieses Getränks: Neben Orange gibt es den Likör auch in Rot, Grün und als klare Version – der Geschmack ist allerdings stets derselbe. Anders sieht es mit den Varianten aus, die mit Kaffee, Kakao oder Tamarinde aromatisiert werden.

Ausstellung zu Geschichte…
…und Herstellungsprozess…
…des Curaçao-Likörs

Bei einem Rundgang durch das Ausstellungsgelände erfahren wir nicht nur alles Wichtige über den Herstellungsprozess und die Entwicklung des Getränks, sondern dürfen auch probieren – unsere Meinung: Die originale, klare Version schmeckt am besten und bedarf auch keiner farblichen Veränderung. Allerdings entscheiden wir uns für die Farbvariante orange, weil das Auge mittrinkt.

Ein kostenloses Probeschlückchen…
…damit man weiß, was man kaufen will!

Den Abend unseres letzten Tages auf Curaçao – und damit auch unseres letzten richtigen Reiseabends – verbringen wir noch einmal in der Altstadt von Willemstad. Am Rande der Koningin Emmabrug, deren Bögen in der Dämmerung wunderschön illuminiert werden, steht seit einem halben Jahr ein großes, aus Metall geflochtenes Herz mit viel Platz für Vorhängeschlösser. Seit Jahren ist es ja überall auf der Welt Mode geworden, dass Verliebte solche Schlösser an Brücken befestigen, den Schlüssel ins Wasser werfen und sich damit ewige Liebe schwören.

Koningin Emmabrug und Schlösserherz in der Abenddämmerung

Das gesamte Reisejahr hatten wir ein Vorhängeschloss mit in unserem Gepäck. Es diente dazu, in Hostels Spinde oder auch mal nachts eine Tür zuzusperren. Jetzt erhält es zum Abschluss unserer Reise eine andere Bestimmung: Versehen mit einer Widmung und unseren Namen, hängen wir es an das Herz in Willemstad und versenken die Schlüssel in den Tiefen der Sint Annabaai – in tiefer gegenseitiger Dankbarkeit und in der großen Freude, dass alles gut gegangen ist, niemand von unseren Lieben zuhause ernsthaft krank geworden ist und wir unterwegs unzähligen freundlichen, hilfsbereiten und herzensguten Menschen begegnet sind, ohne die dieses Jahr nie so toll hätte verlaufen können.

Unser Schloss soll für immer an unser Reisejahr erinnern