Addo.

Bei unserer Verabschiedung aus dem Andelomi Nature’s Rest in Storms River hören wir nach ein paar Sätzen über unser Woher und Wohin von der Chefin der Anlage wieder einmal einen Satz, der uns auch in verschiedenen südamerikanischen Gegenden schon gesagt wurde: „Ich hoffe, ihr habt gemerkt, dass es hier in Südafrika bei weitem nicht so kriminell zugeht, wie es oft berichtet wird!“ Nun, nach zwei Wochen im Land können wir diesem Statement bisher vollkommen zustimmen und hoffen, dass dieser Satz auch für den zweiten Teil unserer Reise gelten wird. Man sollte halt auf die Tipps der Einheimischen hören und bestimmte Gegenden meiden, wie auch in vielen anderen Weltgegenden…

Ehe wir die Küste und damit die Garden Route endgültig verlassen, sollen wir noch einmal einen Abstecher ans Meer machen – das hat uns unsere Wirtin ans Herz gelegt, denn am Main Beach in Jeffreys Bay kann man den Surfern bei ihrem Kampf mit den Wellen zusehen. Und tatsächlich, auch an einem ganz gewöhnlichen Donnerstagvormittag im südafrikanischen Winter finden sich hier genügend Wassersportler – viele dem Anschein nach offenbar mit jahrzehntelanger Erfahrung, die graumelierten Herrschaften sind während unseres halbstündigen Kurzbesuchs jedenfalls deutlich in der Überzahl. Okay, die Jüngeren sind um diese Zeit wohl eher bei der Arbeit…

Jeffreys Bay…
…einer der weltweit bekanntesten Surferspots

Unser Handy-Navigationssystem dirigiert uns anschließend nicht auf der N 2 durch die Millionenstadt Port Elizabeth, sondern führt uns weiträumig an der Metropole im Südosten des Landes vorbei, sodass wir unterwegs nur die äußersten Ausläufer der ausgedehnten Townships in der Peripherie touchieren, die allein schon durch den unglaublichen Vermüllungsgrad der umgebenden Landschaft – ein krasser Gegensatz zu dem bis dahin überall äußerst sauberen Land – einen abschreckenden Eindruck hinterlassen. Wie wir später erfahren, war diese Wegweisung goldrichtig, denn die Hauptverbindung von Port Elizabeth zu unserem Ziel, dem Addo-Nationalpark, kann seit Montag nicht mehr genutzt werden. In einigen Townships haben die Einwohner vorbeifahrende Autos seitdem wiederholt mit Steinen beworfen – wahrscheinlich, um die Politiker dazu zu veranlassen, sich ihren existenziellen Problemen mit mehr Nachdruck zuzuwenden.

Townships in der Peripherie von Port Elizabeth: Kwa Nobuhle…
…und Motherwell

Dass in der Frontscheibe unseres Autos seit dieser Etappe auf der Fahrerseite ein unübersehbarer Riss zu sehen ist, hat damit allerdings gar nichts zu tun: Unterwegs hat der Gegenverkehr ein Steinchen aufgewirbelt, der die Windschutzscheibe ganz rechts unten getroffen hat. Der Sprung wird am Anfang zwar schnell größer, kommt später aber mehr oder weniger zum Stillstand, sodass eine Weiterfahrt als unproblematisch erscheint. So erreichen wir – die letzten Kilometer ausgedehnte Zitrusplantagen durchquerend – am frühen Nachmittag den Haupteingang des Addo-Nationalparks.

In der trockenen, warmen Landschaft…
…haben sich zahlreiche…
…Zitrusplantagen angesiedelt

Nach der obligatorischen Registrierung gönnen wir uns erst einmal eine Kleinigkeit in dem gleich nebenan befindlichen Restaurant Cattle Baron: Wir müssen noch ein bisschen warten, bis wir unser Safari-Zelt hier im Main Camp beziehen können – wir hatten Glück, für eine Nacht noch ein freies über die Homepage der Nationalparkverwaltung zu erhalten.

Wir übernachten in einem Safari-Zelt…
…direkt im Nationalpark…
…mit bestem Ausblick von der Terrasse

Der rustikale Charme einer derartigen Unterkunft passt perfekt zur Umgebung – und tatsächlich lassen sich schon von der Terrasse unseres Safari-Zelts beim Blick in ein dem normalen Besucher ansonsten verborgen bleibendes Seitental des Nationalparks bequem die ersten Tiere entdecken: Einige für den Nationalpark namensgebende Elefanten und auch Kudus durchstreifen an diesem Nachmittag die von niedrigen Büschen bewachsenen Hänge. Der Park wurde 1931 gegründet, als der Bestand an Elefanten durch die schonungslose Bejagung so stark zurückgegangen war, dass man um den Fortbestand der Art fürchten musste.

Beobachtungen aus dem Schaukelstuhl: Elefant…
…und Kudus

Da wir im Nationalpark übernachten, ist das Ticket hier für zwei Tage gültig – und das nutzen wir gleich noch für eine erste Runde mit dem Auto. Zu Fuß darf man aus gutem Grund nicht im Nationalpark herumspazieren; es gibt hier nämlich auch Raubtiere wie Löwen, Leoparden und Geparden. Doch mit dem eigenen Auto ist die Erkundung auf den gekennzeichneten Stellen kein Problem. In der guten Stunde, die wir an diesem Donnerstagabend noch herumfahren, sehen wir reichlich Zebras, einige Elefanten, Kudus und Warzenschweine, und auch ein possierliches Erdmännchen macht uns seine Aufwartung.

Erste Ausfahrt: Elefanten am Wasserloch…
…neugieriges Erdmännchen…
…Zebras…
…Warzenschwein…
…und Kudus…
…im Abendlicht

Eigentlich hatten wir ja vor, eine geführte Morgensafari mitzumachen – aber wir waren da zu optimistisch: Die interessanteste Tour morgens um sechs Uhr ist bereits ausgebucht; und die späteren Touren… na ja, was es da zu sehen gibt, das finden wir selbst auch. Also versuchen wir es auf eigene Faust, starten im ersten Morgengrauen gegen halb sieben Uhr, müssen aber feststellen, dass gerade die Raubtiere eben wirklich nur schwer zu entdecken sind. Wir machen das Beste aus der Situation, fahren zum Frühstück und zum Räumen unserer Unterkunft gegen neun Uhr mal schnell zurück zum Main Camp und sind anschließend nochmal fünf Stunden kreuz und quer im Nationalpark unterwegs. Manchmal fährt man eine halbe Stunde, ohne irgendetwas zu sehen und glaubt schon, es sei zwecklos, weiter zu suchen; doch dann tauchen hinter der nächsten Kurve oder Kuppe plötzlich wieder Tiere auf, und sofort ist der Jagdtrieb wieder erwacht. Außer den schon erwähnten Arten sehen wir im Laufe des Tages auch einen Büffel, Hyänen und die Südafrikanische Kuhantilope. Den meisten Eindruck hinterlassen aber zweifellos die Elefanten, von denen wir an einem Wasserloch eine ganze Herde samt Baby zum Schlammbad antreffen. Zuvor bereits hatten wir eine Begegnung, die uns äußerst nachdrücklich in Erinnerung bleibt: Wir fahren auf der Piste über eine Kuppe, als plötzlich ein mächtiger Elefantenbulle ganz langsam vor uns hertrottet. Ihn zu überholen, trauen wir uns nicht; wir fahren daher im Schritttempo hinterher, bis er sich entschließt, abzubiegen. Doch im selben Moment steht keine 50 Meter vor uns ein weiterer, noch größerer Bulle direkt auf dem Weg. Was nun? Wir bleiben stehen, doch das Riesenvieh kommt gemächlich, aber stetig immer näher auf uns zu, bis er schließlich direkt neben uns steht und uns einen ganz bösen Blick zuwirft. Das kleine Auto könnte der mehr als doppelt so große Elefant, wenn er wollte, sicher leicht umkippen! Da bleibt nur noch eins – sofort Gas geben…! Doch lassen wir statt weiterer Worte ganz einfach Bilder sprechen!

Ein neuer Tag beginnt im Addo-Nationalpark
…und damit auch die Gelegenheit für neue Tierbeobachtungen

Gegen 16 Uhr nachmittags verlassen wir den Nationalpark endgültig. Die folgende Übernachtung haben wir allerdings in nächster Nähe gebucht – die Dung Beetle Guest Farm befindet sich außerhalb des Ortes Addo inmitten der mehrere hundert Hektar großen Zitrusplantagen der Sundays River Citrus Company, Südafrikas größtem Produzenten von Orangen, Mandarinen  und Zitronen.

Eine lange Allee quer durch die Zitrusplantagen…
…führt zur idyllischen Dung Beetle Guest Farm

Hier haben die sehr freundlichen Betreiber eine tolle Lodge mit einem ganz besonderen Konzept entwickelt: Die in die Buschlandschaft geduckten Häuschen erinnern an den endemischen Dung Beetle, eine Mistkäferart, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von Elefantendung, der für dieses Insekt gleichzeitig Nahrungsquelle und Ablageort für die Eier ist, inzwischen selbst zu den gefährdeten Tierarten zählt.

Der Dung Beetle – eine gefährdete Spezies…
…dem die rund geformten Häuschen der Guest Farm nachempfunden sind