Bayreuth.
Das Jahr 2020 hat sämtliche Reisepläne tsunamigleich hinweggespült. Ostern und Pfingsten sind wir coronabedingt schön brav daheimgeblieben, und auch die große Sommerreise (geplant war Südkorea) findet heuer nicht statt. Was ist denn überhaupt noch möglich? Nun, wenigstens unsere schon für den Juni vorgesehene, damals aber abgesagte Radtour entlang des Mains wollen wir nun im Sommer nachholen. Vereinbart haben wir sie schon lange mit Marina und Christian, unseren Reisebekannten aus dem Südamerika-Jahr.

Statt am 1. Juni starten wir aber jetzt erst am heutigen 26. Juli, dem Sonntag zu Beginn der bayerischen Sommerferien. Morgens um halb neun Uhr verlassen wir bei Regenwetter unser Haus in Donaumünster. Die erste Radetappe ist sehr kurz – sie endet schon nach wenigen Minuten am Bahnhof von Tapfheim. Unsere Anreise zur Quelle des Roten Main beginnt mit einer Fünf-Minuten-Fahrt nach Donauwörth, wo wir Richtung Treuchtlingen umsteigen. Und schon zeigt sich mal wieder, dass Reisen mit der Bahn einen ordentlichen Abenteuerfaktor beinhaltet: Statt wie geplant um 8.58 Uhr abzufahren, vernehmen wir die erbauliche Nachricht, dass sich die Abfahrt wegen einer Weichenstörung um 30 Minuten verzögert. Die herausgesuchten Anschlusszüge scheinen damit natürlich Makulatur… zumal sich nach der halben Stunde Wartezeit weiterhin nichts tut; nicht einmal eine Information der Fahrgäste wird für notwendig erachtet. Erst nach fast 50 Minuten geruht der Zugführer dann mitzuteilen (nachdem ihn ein Mitreisender kurz zuvor über die Info-Taste kontaktiert und um den aktuellen Stand gebeten hat), dass die Weichenstörung behoben ist und die Fahrt in wenigen Minuten beginnen kann. Was dann folgt, muss wohl der Kategorie Wunder gibt es immer wieder zugeordnet werden: Wir erwischen in Treuchtlingen einen laut Fahrplan und DB-App gar nicht existierenden Regionalexpress nach Nürnberg, der unmittelbar nach unserem Einstieg losfährt und unterwegs keinen einzigen Zwischenhalt einlegt – was in der Folge zu der nie mehr für möglich gehaltenen Situation führt, dass wir den regulären Anschlusszug noch bekommen und am Ende, als wäre nichts gewesen, planmäßig um 11.51 Uhr die oberfränkische Kleinstadt Creußen erreichen.

Wir sind nun also doch vor Marina und Christian am Treffpunkt – die beiden kommen aus der Dresdner Nachbarstadt Freital und haben sich für 12.10 Uhr angekündigt. Doch als der Zug aus der Gegenrichtung anhält, bleibt uns das Gesicht stehen – kein einziger Radfahrer steigt aus. Was ist denn nun wieder los? Das Rätsel lässt sich durch einen Blick in die WhatsApp-Nachrichten lösen: Marina und Christian sind irgendwo im falschen Zug gelandet, sie verspäten sich.
Was tun? Am sinnvollsten, beschließen wir, überbrücken wir die Wartezeit (wir erfahren bald darauf, dass sie nun gegen 13.30 Uhr eintreffen werden), indem wir Creußen erkunden. Aber so viel ist da nicht zu bestaunen: Das 5.000-Einwohner-Städtchen scheint im Dornröschenschlaf versunken zu sein. Das wehrhafte Hintere Tor, heute Sitz des Krügemuseums, und die sich daran anschließende Stadtbefestigung, ein hübscher Marktplatz – doch keine einzige Gaststätte hat im Stadtzentrum offen. Wir fragen Passanten, die sich interessiert nach unserer Tour erkundigen, uns daraufhin erzählen, dass sie erst gestern vom Donau-Radweg Passau – Wien zurückgekommen sind und uns einen Landgasthof neben dem Sportplatz empfehlen. Dort essen wir tatsächlich gut und günstig und sind gerade rechtzeitig fertig, um uns anschließend verspätet mit Marina und Christian zu treffen.



Die heutige Etappe ist zwar nicht lang, aber dafür mit einigen Anstiegen gespickt – von Creußen geht es erst einmal etwa acht Kilometer über schmale Straßen, Feld- und schließlich Waldwege immer weiter bergauf. Kein Wunder – Ziel ist schließlich die Quelle des Roten Main. Die liegt recht idyllisch im Lindenhardter Forst, entpuppt sich aber als mickriges Rinnsal.



Wichtig aber: Dies ist mit 581 Metern ü. d. M. der höchste Punkt der Fahrt, von nun an geht’s tendenziell bergab. Bis das erste Etappenziel Bayreuth erreicht ist, bekommen wir es jedoch bei Haag noch mit einem heftigen Gewitterregen und anschließend mit einem giftigen Gegenhang zu tun.


Am späten Nachmittag checken wir im B&B-Hotel in der Bayreuther Innenstadt ein – zuvor haben wir da schon Richard Wagners berühmtes Haus Wahnfried gesehen und sind am Museum für den Dichter Jean Paul vorbeigekommen; anschließend treffen wir uns mit Marinas Tochter, ihrem Ehemann und den zwei Enkelinnen (sie sind in Nürnberg zuhause) in einem Straßenlokal in der Fußgängerzone.


Klar, dass wir den milden Sommerabend noch für einen gemütlichen Stadtbummel durch die oberfränkische Bezirkshauptstadt nutzen – die von Sandsteinbauten geprägte Altstadt ist wirklich sehenswert und besitzt nicht zuletzt mit Oper, Schlosskirche, Altem und Neuem Schloss einige bedeutende architektonische Schätze.





