Frankfurt.
Es ist ein sonniger Sommermorgen in Aschaffenburg, als wir zum Frühstück in eine nahegelegene Bäckerei laufen, ehe wir unsere Sachen im POSTApart by Trip Inn wieder packen und diese wunderschöne Unterkunft verlassen.
Auf der Weiterfahrt kommen wir noch am Pompejanum vorbei – dem Idealtypus einer römischen Villa, die sich der antikenbegeisterte Bayernkönig Ludwig I. vor etwa 180 Jahren in die Weinhänge am Stadtrand von Aschaffenburg stellen ließ.

Hinter der Stadt weitet sich das Tal zusehends; die Hügel treten immer weiter zurück, das Land wird flach. Bald teilt der Main die Bundesländer Bayern und Hessen; bei Karlstein überqueren wir die Kilianusbrücke in Richtung Mainflingen und haben damit auf unserer vorletzten, der 12. Etappe, mit Hessen das dritte Bundesland auf unserer Fahrt erreicht.

Der Weg am linken Mainufer bringt uns bald nach Seligenstadt – eine weitere bezaubernde Fachwerkstadt, etwa 21.000 Einwohner groß, im Kreis Offenbach gelegen, mit der romanischen Einhard-Basilika und dem wunderbaren Klostergarten als absolut sehenswerte Höhepunkte.








Gegen Mittag herrschen bereits hochsommerliche Temperaturen, als wir uns auf die Weiterfahrt in Richtung Hanau begeben – das scheinbar recht hübsche Städtchen Steinheim lassen wir links liegen und verlassen den Main-Radweg über die Steinheimer Brücke, um uns einen Eindruck von der Innenstadt von Hanau zu verschaffen. Doch viel ist da nicht zu sehen: Die Stadt, einst ein Fachwerk- und Renaissance-Juwel, wurde nach den vernichtenden Bombenangriffen vom 19. März 1945 im nüchternen Nachkriegsstil wiederaufgebaut. Am ehesten ist noch an der Marienkirche und dem gleich nebenan befindlichen Deutschen Goldschmiedehaus ein Gefühl vom alten Flair der Stadt zu erhaschen.

Eindrucksvoll: die als Mahnmal für die Kriegszerstörungen nur ansatzweise im alten Gewand wiedererrichtete, mit einem stählernen Gerippe als Turmdachersatz versehene Johannes-Kirche.

Erschütternd: die großflächigen Transparente an dem von einem Baugerüst verstellten Rathaus und die Bilder am davor befindlichen Gebrüder-Grimm-Denkmal, die an die neun Toten bei dem Attentat von Hanau am 19. Februar dieses Jahres erinnern.


Bei der Weiterfahrt sind wir noch gar nicht wieder zurück auf der anderen Mainseite, als mir ein Malheur passiert: Auf einmal bricht unter mir der Sattel weg – die Befestigungsschraube ist gebrochen, klarer Fall von Materialermüdung. Zum Glück ist eine Kfz-Werkstatt gleich in der Nähe; die haben das passende Ersatzmaterial, sodass die Fahrt schnell fortgesetzt werden kann.

Die weite Mainschleife vor Offenbach ausfahrend, kommen wir zunächst am Schloss im Stadtteil Rumpenheim vorbei und erreichen einige Kilometer weiter das Zentrum des südöstlichen Nachbarn von Frankfurt. Lange ist unseres Bleibens dort aber nicht: Die Stadt mag einen diskreten Charme besitzen; den zu entdecken fehlt uns aber bei 35° C die Energie. Das Isenburger Schloss leidet unter zahlreichen unschönen Graffitis, das Stadtzentrum ist mit Ausnahme der Französisch-Reformierten Kirche sehr modern, sodass wir bei der flüchtigen Durchfahrt das Büsing-Palais als ansehnlichstes Gebäude der Stadt wahrnehmen.




Im zu einem modernen Wohnquartier umgestalteten ehemaligen Hafen erfrischen wir uns noch und nehmen dann Kurs auf unser Tagesziel Frankfurt, dessen Zentrum sich auf dem gegenüberliegenden rechten Mainufer befindet. Wir suchen unser Hotel Neue Kräme, als plötzlich eine neuerliche Pannenmeldung die Weiterfahrt erschwert: Erneut hat sich Christian einen Platten eingehandelt, diesmal am Hinterrad. Also schieben wir unsere Räder bis zur Unterkunft. Die ist wegen Corona derzeit nicht besetzt; der Rezeptionist muss telefonisch kontaktiert werden und sagt zu, sofort zu erscheinen. Christian beginnt in der Zwischenzeit gleich mit dem Reifenwechsel.


Doch so einfach ist das mit dem Einchecken nicht: Das Hotel Neue Kräme hat wegen der Pandemie geschlossen, die darauf gebuchten Gäste werden im wenige Gehminuten entfernten Hotel Zentrum gleich gegenüber der Hauptwache untergebracht. Also gehe ich schon mal mit, erledige die Formalitäten, laufe dann zurück und geleite Jana, Marina und Christian ins Hotel.

Nachdem wir uns soweit wie möglich stadtfein gemacht haben, unternehmen wir abends noch einen Bummel durch Frankfurt. Und die Stadt hat durchaus einiges zu bieten: nicht nur die Skyline, auch Relikte der alten Reichsstadt wie die geschichtsträchtige Paulskirche, den Römerberg mit Rathaus und Fachwerkzeile, die wiedererrichteten Altstadtgassen mit dem sandsteinroten Dom und natürlich die entspannte Atmosphäre der Uferpromenade am Main mit dem beliebten Eisernen Steg als Highlight.












Auch kulinarisch hinterlässt Mainhattan bleibende Eindrücke: Der Ebbelwoi löscht den Durst auf angenehm-säuerliche Art, und bei Grüner Soße mit Ei und Kartoffeln bedauern wir es, dass diese Regionalspezialität außerhalb der hessischen Landesgrenzen so gut wie nirgends auf der Speisekarte zu finden ist.

