Belvedere Marittimo.
Nach dem nervenaufreibenden Anreisetag lassen wir es am Freitag ruhig angehen. Von Andreas Verwandten im La Giara werden wir mit einem sehr guten und vielseitigen Frühstück verwöhnt, danach laufen wir über ruhige Dorfstraßen ein paar hundert Meter durch üppige Vegetation zum schönen dunklen Kiesstrand Spiaggia Luppa, wo die Liegen und Sonnenschirme günstig und das Wasser des Tyrrhenischen Meeres glasklar ist.










Erst im Laufe des Nachmittags wechseln wir den Standort. Wir machen uns auf ins etwa zehn Kilometer weiter südlich in Hanglage ein Stück über dem Meer gelegene Stadtzentrum von Maratea. Das ist nicht groß, aber sehr idyllisch mit netten Plätzen, verwinkelten Gassen, kleinen Kirchen und ein paar Denkmälern.







Wir essen Eis, begutachten das Angebot der vielen kleinen Läden, finden immer wieder attraktive Fotomotive mit Blick auf die malerische Felsenküste und fahren rechtzeitig vor Sonnenuntergang weiter bergauf – über zahlreiche Serpentinen in den Ortsteil Santa Caterina, wo sich ganz oben auf einem hoch über dem Meer aufragenden Felsen Marateas Wahrzeichen erhebt: die 1965 errichtete, 21 Meter hohe Statue des Cristo Redentore, die von dort aus nicht nur draußen auf dem Meer zu sehen ist, sondern auch die gesamten umliegenden Orte grüßt.


Etwas hat sich hier seit 2008, als wir Andrea schon einmal in Maratea besucht haben, verändert: Konnte man damals mit dem Auto bis ganz nach oben fahren, so wurde mittlerweile etwas unterhalb ein Parkplatz angelegt, von dem aus es dann nur mit einem Shuttlebus weitergeht, will man den restlichen Anstieg nicht zu Fuß absolvieren. Der Bus ist nicht teuer – hin und zurück 1 € pro Person; ins Geld geht vielmehr der Parkplatz selbst, auf dem für die erste Stunde auf jeden Fall mal 5 € fällig werden.

Egal, der fantastische Rundblick über das tief unten friedlich in der Abenddämmerung liegende Meer und über die in die basilikatische Berglandschaft hineingewürfelten vielen kleinen Orte, das ikonische Bild des seine Arme ausbreitenden Christus am Ende des über einen schönen Treppenweg begehbaren Bergrückens und die sich unten an der Basis des Weges ausbreitende Basilika San Biagio ergeben einen bleibenden, großartigen Eindruck. Mit einem Abendessen im Restaurant Scialuppa 25 in dem direkt am Meer gelegenen, malerischen kleinen Ortsteil Porto di Maratea runden wir den Tag ab.








Der Samstag steht ganz im Zeichen des Ereignisses, wegen dem wir die Reise ja eigentlich angetreten haben: der Hochzeit von Dimitra und Andrea. Also werfen wir uns nach dem Frühstück im La Giara in Schale und fahren dieselbe Bergstrecke wie gestern Abend zum Cristo Redentore, nur dass wir in Santa Caterina nicht links, sondern rechts abbiegen – so sind wir wenige Minuten später an Andreas Elternhaus im abgeschiedenen Bergdorf Massa, einem weiteren Ortsteil von Maratea, angekommen.

Viele Freunde und Familienangehörige haben sich schon versammelt; es gibt Süßgebäck und Sekt, und es wird schnell klar, dass wir nicht pünktlich um elf Uhr zur Hochzeit im Giardino delle Arti zu Maratea sein werden. Aber das ist wohl auch einkalkuliert; als Andreas Vater schließlich mit einem Jagdgewehr drei Salutschüsse vom Balkon abgibt, ist das das unmissverständliche Signal zum endgültigen Aufbruch.


Die Zeremonie selbst ist überraschend unspektakulär; Der mit einer Schärpe in den italienischen Farben dekorierte Standesbeamte – oder ist es der Bürgermeister selbst, das wird uns nicht ganz klar – zieht sein Programm in wenigen Minuten durch, das Brautpaar unterschreibt die notwendigen Formulare, anschließend werden noch Getränke ausgeschenkt und man hat Gelegenheit, in den daneben befindlichen Amtsräumen – der umgewidmete ehemalige Convento dei Cappuccini – einige archäologische Funde zu bestaunen, die von antiken Schiffen stammen, die vor der Küste von Maratea gesunken sind und nun zu einer Bewerbung für die Aufnahme ins UNESCO-Weltkulturerbe geführt haben.






Nach etwa eineinhalb Stunden löst sich die Versammlung allmählich auf; alle setzen sich in die Autos, um ins etwa eine Stunde entfernte, südlich von Maratea ebenfalls direkt am Meer gelegene Belvedere Marittimo zu fahren. Hier, in Kalabrien, hat Andrea mit dem Restaurant Il Rudere eine passende Eventlocation gefunden; hier hat er für uns und eine Reihe anderer Gäste, insbesondere Studienfreunde aus seiner Zeit in Siena, im Hotel Poseidon auch Zimmer für die Nacht gebucht.




Wie läuft nun so eine süditalienische Hochzeit ab? Wir sind gespannt – und stellen im Laufe der nächsten Stunden fest, dass manches nicht unseren Vorstellungen entspricht; vielleicht auch, weil es viel weniger traditionell abläuft, als wir das gedacht hatten. Eines stimmt auf jeden Fall: Zu essen gibt es reichlich; angefangen mit einem Vorspeisenbüffet über mehrere Gänge, die von Fisch und Meeresfrüchten dominiert werden, bis hin zu einer Vielzahl von süßen Köstlichkeiten zum Dessert. Musikalisch ist die Drei-Mann-Band ganz auf die Vorlieben der jüngeren Generation eingestellt, was dazu führt, dass die Älteren kaum auf der Tanzfläche zu sehen sind. Was uns auch auffällt: Es gibt keine Einlagen von Freunden oder der Familie, wie wir das von zuhause kennen. Dafür wird das Anschneiden der Hochzeitstorte mit einem Feuerwerk zelebriert – interessantes Detail am Rande: Die mehrstöckige Hochzeitstorte fürs Foto ist nur Attrappe…










Während der gesamten Feier finden wir nicht die passende Gelegenheit, unsere mitgebrachten Geschenke zu überreichen. Wie ist das denn hier nun Sitte? Schließlich kriegen wir heraus, dass alle anderen Gäste Umschläge mit Bargeld vorbereitet haben – wenn sie die Feier verlassen, und das ist bei manchen schon kurz nach acht Uhr – überreichen sie die. Am Ende nehmen wir diesbezüglich mit Andrea direkt Kontakt auf: Er bittet, dass wir das Geschenk am nächsten Morgen im Hotel übergeben. Als die älteren Gäste nach und nach gehen, verlassen auch wir gegen halb elf Uhr die Feierstätte: Die Braut ist auch schon weg, weil Michelangelo ohne Mama nicht einschläft.