Chaniá.

Heute steuern wir nach dem Frühstück gleich ein Ziel an, von dem wir in unserer Unterkunft erfahren haben: Die Ölmühle und Weinkellerei Anóskeli im gleichnamigen Dorf, etwa 30 Kilometer südwestlich von Chaniá ein Stück im Landesinneren gelegen, bietet die Möglichkeit zu einer Besichtigung der Olivenölproduktion, die hier mit Zentrifugen erfolgt, sowie einer anschließenden Öl- und Weinverkostung. Und auch wenn ich mich bei den jeweils zwei Weiß- und Rotweinsorten sowie beim abschließenden Raki – so heißt auf Kreta der Traubentresterschnaps, den man bei uns unter seiner italienischen Bezeichnung Grappa kennt – zurückhalten muss, da ich ja noch weiterfahren möchte, lässt sich mit Fug und Recht sagen, dass hier nicht nur herausragendes, international preisgekröntes Olivenöl hergestellt wird, sondern auch ein sehr ordentlicher Wein.

Umgeben von Ölbergen – der kleine Ort Anóskeli
In Säcken verpackt werden die Oliven in der Ölmühle angeliefert
Die Oliven werden auf Förderbänder geladen…
…und in Richtung Ölpresse transportiert
Hier wird das noch ungefilterte Öl aufgefangen…
…und so verpackt gelangt es später in den Handel
Die fein gemahlenen Kerne verwendet man als Brennmaterial
Die Verkostung des Olivenöls gleicht einer Whiskydegustation
Das Haus produziert auch Wein – zweiter Teil der Verkostung

Die Stichstraße nach Süden führt uns weiter durch dünn besiedelte Bergregionen, bis wir nach etwa einstündiger Fahrtzeit das abgelegenen Städtchen Paleochóra, das auf einer flachen Landzunge an der überwiegend sehr felsigen Südküste liegt, erreichen. Der Ort wirkt jetzt im Spätherbst sehr ruhig und friedlich; die kleinen Restaurants und Cafés haben teilweise noch geöffnet, der Kiesstrand im Osten und der breite Sandstrand im Westen sind menschenleer, und im böigen Wind mit zwischenzeitlichen Regenschauern aus dunklen Wolken wirkt der ausgedehnte Ruinenkomplex des Kastells Sélinos im Süden der Altstadt noch ein Stück abweisender und verlassener als bei strahlendem Sonnenschein.

Regenstimmung an der östlichen Uferpromenade von Paleóchora
Allmählich verziehen sich die dunklen Wolken in Richtung Libysches Meer
Die Badesaison ist vorbei: menschenleerer Strand…
Pachia Ammos
In den verlassenen kleinen Gassen blüht es noch
Nur Mauerreste…
…künden noch vom einstmals bedeutenden Kastell Sélinos
…auf einem Felsengrat im Süden von Paleóchora

Direkt unterhalb des Kastells steht die hübsche Kirche Tes Evangelístrias mit einem torartig vorgebauten, reich verzierten Glockenturm – sicher das ansehnlichste Gebäude der kleinen Stadt. Wir trinken noch einen Kaffee in einer Kneipe unweit der Hafenmole und begeben uns dann auf den Rückweg, auf dem sich die zwischenzeitlichen Wolkenlücken schnell wieder schließen und sich zu einem ordentlichen, länger andauernden Regenschauer auswachsen, was in den Bergen zeitweise auch düstere Nebelschwaden zur Folge hat.

Blick vom Burgberg auf das Stadtzentrum
Paleóchoras sehenswerte Kirche Tes Evangelístrias
Kurze Wolkenlücke über Paleóchora mit Blick zum Strand Chalíkia

Zu dieser Stimmung passend kommen wir durch zwei Orte, in denen sich die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg schwerer Kriegsverbrechen schuldig machte. Kándanos zeigt Repliken nazideutscher Steintafeln, die die Vernichtung des gesamten Dorfes als Vergeltungsaktion für einen Partisanenangriff rechtfertigen, bei dem 39 deutsche Soldaten ums Leben kamen.

Im Zentrum des 1.100-Seelen-Dorfes Kandanos…
…erinnert ein Mahnmal an die Zerstörung des Dorfes durch die deutsche Wehrmacht im Jahre 1941

Und im Nachbardorf Flória findet sich ein Wehrmachtsdenkmal, das heldenhafte deutsche Soldaten mit plumper faschistischer Ästhetik verherrlicht und tatsächlich Ende des 20. Jahrhunderts von einem Deutschen wieder restauriert wurde – aus meiner Sicht ein Schandmal, das durch eine griechische Gedenkstätte auf der gegenüberliegenden Straßenseite nur unzulänglich konterkariert werden kann.

Nur schwer erträglich: deutsches Kriegerdenkmal mit der Aufschrift Gefallen für Großdeutschland
Griechisches Kriegerdenkmal auf der gegenüberliegenden Straßenseite
Denkmal für einen von den Deutschen exekutierten kretischen Freiheitskämpfer bei Kakópetros

Durch Regen und einsetzende Dunkelheit gut nach Chaniá zurückgekehrt, landen wir abends nach einem Bummel durch die Altstadt in dem guten Restaurant Salis, in dem wir Gelegenheit haben, wieder einige verschiedene Spezialitäten in kleineren Portionen als sogenannte Meze zu probieren.

Dunkle Wolken und Regen begleiten uns auf dem Weg zurück nach Chaniá