El Espinar.
Am Samstag wartet eine weitere fast 400 Kilometer lange Etappe auf uns: Von Saragossa fahren wir auf bestens ausgebauten, über weite Strecken nur mäßig befahrenen Autobahnen Richtung Südwesten. Durch das Hochland von Aragonien und Kastilien-León nähern wir uns allmählich der spanischen Hauptstadt Madrid, in deren Peripherie der Verkehr zwar erheblich dichter wird. Ins Stocken gerät der Verkehrsfluss aber nirgends; die letzten etwa 60 Kilometer fahren wir nordwestwärts wieder hinaus aus der Stadt – im Dunstkreis von Madrid waren die Unterkünfte entweder sehr teuer oder ohne Abstellmöglichkeit für unser Auto oder beides. Kurz hinter dem mehr als drei Kilometer langen, mautpflichtigen Túnel de Guadarrama auf der Autopista 6 haben wir unser Ziel erreicht – das Hotel El Espinar, etwa einen Kilometer außerhalb der gleichnamigen Kleinstadt in der Provinz Segovia auf über 1.200 Metern Meereshöhe gelegen.

Hier haben wir gleich für drei Nächte gebucht: El Espinar liegt recht verkehrsgünstig zwischen Madrid, Segovia und Ávila und ist daher also ein sehr guter Ausgangspunkt für unsere nächsten Vorhaben. Am Samstag beschränken wir unsere Aktivitäten nach der langen Anreise aber auf einen kurzen Abstecher hinein nach El Espinar – wir wollen dort eigentlich zu Mittag essen, aber das klappt nicht so wie geplant: An diesem Wochenende wird in der 9.000-Einwohner-Stadt die Feria De Abril gefeiert – ein Fest, das zwar in erster Linie rund um die Stierkampfarena des Ortes stattfindet, doch kurz vor unserer Ankunft ist gerade ein Pferdeumzug durch den Ort zu Ende gegangen, und nun herrscht in sämtlichen Bars und Kneipen der Stadtmitte Hochbetrieb – keine Chance, irgendwo einen freien Platz zu bekommen. Für uns erstaunlich: Besonders Kinder, aber auch eine Reihe von Erwachsenen sind bunt verkleidet – es sieht fast so aus, als ob hier der Karneval nachgefeiert wird.



Wir drehen also eine kleine Runde durch den Ort und machen das, was wir auch daheim tun würden, wenn Hunger schnell bekämpft werden muss: Wir suchen die örtliche Dönerbude auf und halten uns fürs Erste mit türkischem Fastfood über Wasser.

Zum Glück verfügt auch unser Hotel über ein Restaurant – abends können wir dort essen gehen, wenngleich das Angebot nicht gerade vielfältig und von besonderer Qualität ist.
Am Sonntag frühstücken wir recht zeitig: Wir wollen mit dem Zug nach Madrid fahren, was gar nicht so ganz einfach ist, weil es an diesem Tag weniger Verbindungen gibt – von El Espinar aus mit der Regionalbahn nur alle zwei Stunden; von El Escorial sieht es auch nicht wesentlich besser aus, aber immerhin ist das bereits eine Station der Cercanías, wie die S-Bahnen hierzulande genannt werden, und dort kann man eine Tageskarte fürs gesamte Madrider Bus- und Bahnangebot kaufen. Doch bei diesem Vorhaben bremst uns unfreiwillig der Rezeptionist im Hotel aus: Er hat uns so viele Tipps zu geben, muss dabei auch mal bei der Küchenkraft nachfragen, dass wir schon beim Einsteigen ins Auto feststellen, dass es kaum noch möglich sein wird, den vorgesehenen Zug zu erreichen.
Also hilft nur spontanes Umplanen: Wir suchen im Internet den für uns günstigsten Metro-Bahnhof am Stadtrand von Madrid, an dem es eine kostenlose Parkmöglichkeit gibt und finden ihn schließlich mit der Estación de Aravaca. Am Sonntagvormittag ist es kein Problem, hier einen freien Parkplatz zu bekommen. Wie es an Wochentagen aussieht…? Von hier aus kommen wir mit einer Cercania recht schnell ins Stadtzentrum.

An der Estación de Atocha, Spaniens größtem Bahnhof, steigen wir aus und sind von dort in wenigen Gehminuten vorbei am Real Jardín Botánico vor dem mächtigen Gebäudekomplex des berühmten Museo Nacional del Prado, eines der weltweit bedeutendsten Kunstmuseen, angekommen. Da wir uns nur einen Tag Zeit genommen haben für Madrid, sprengt ein Besuch dieses riesigen, nach dem Vorbild des Pariser Louvre errichteten Kunsttempels natürlich unsere zeitlichen Möglichkeiten bei Weitem.


Deswegen laufen wir gleich weiter zur nicht weit davon entfernten grünen Lunge der spanischen Metropole – dem Parque del Retiro. Die fast eineinhalb km² große Gartenanlage gehörte ursprünglich im 16. Jahrhundert zu einem kleinen Schloss und wurde ab dem Barock grundlegend umgestaltet und mit einer Reihe von repräsentativen Bauwerken versehen. So dienen der Palacio de Velázquez und der Palacio de Cristal heute als Ausstellungsgebäude; es gibt ein Observatorium, detailreich verzierte Brunnen und Statuen – das gewaltigste Denkmal ist sicherlich das Monumento a Alfonso XII am Estanque Grande, dem größten Teich des Parks, auf dem viele Ruderboote unterwegs sind.




Mit der Metro kürzen wir den Weg in die Altstadt ab: Als wir aus dem Untergrund wieder ans Tageslicht kommen, stehen wir auf der Puerta del Sol, einer der bekanntesten Plätze Madrids, den man nicht nur mit dem Reiterstandbild von König Karl III. assoziiert, sondern auch mit der berühmten Werbetafel der Sherry-Marke Tío Pepe. Von sonntäglicher Ruhe kann in Madrids Zentrum wahrlich nicht die Rede sein: Hier drängen sich die Menschenmassen durch die Straßen und Gassen – ein Anblick, den wir seit Corona nicht mehr gewohnt sind…


In einer Seitengasse legen wir in einem Café eine kurze Pause ein: In Madrid muss man einfach die typischen, in Fett gebackenen Churros mit heißer Schokolade probiert haben – einfach köstlich!



Durch gepflegte Altstadtgassen, vorbei an zahlreichen schönen Fassaden nähern wir uns dem Hauptplatz, der Plaza Mayor. Sie beeindruckt durch ihr harmonisches Erscheinungsbild: Rundherum ist der 129 x 94 Meter große Platz von vierstöckigen, mit Arkadengängen gestalteten Gebäuden umgeben, in denen sich zahlreiche Restaurants und Cafés angesiedelt haben. In der Mitte reitet auch hier wieder ein alter spanischer König, Philipp III.

Die Straßen und Gassen rundherum begeistern uns richtig: Hier ist Leben, hier stehen bestens restaurierte jahrhundertealte Häuser, hier reiht sich eine Bodega an die andere… – das ab und zu gehörte Vorurteil, Madrid sei nicht unbedingt attraktiv, können wir absolut nicht nachvollziehen!





Am heutigen Palmsonntag beginnt ja in ganz Spanien die Semana Santa – im ganzen Land finden aus diesem Anlass Tag für Tag bis Ostern spektakuläre Prozessionen der verschiedenen Pfarreien und Bruderschaften statt. Madrid macht da keine Ausnahme. Vor der barocken Basílica Pontificia de San Miguel stehen wir einige Zeit, da hier schon Fernsehkameras aufgebaut sind und einige Zuschauer sich die besten Plätze gesichert haben. Doch als wir dann herausbekommen, dass wir hier noch zwei Stunden warten müssen, laufen wir weiter zur Plaza de la Villa, die von der stilvollen barocken Casa de la Villa, dem ehemaligen Rathaus der Stadt, dominiert wird.


Anschließend haben wir die Calle Mayor erreicht – und hier drängen sich die Menschenmassen am Straßenrand bereits so stark, dass wir uns sicher sind, dass gleich eine Prozession vorbeikommen wird. Und in der Tat: Schon bald tauchen die unverkennbaren Nazarenos mit ihren Spitzhauben auf, gefolgt von feierlich gekleideten Frauen und Männern, dem mit überlebensgroßen Jesus- und Heiligenfiguren geschmückten, von zahlreichen Costaleros getragenen Paso, einer tischförmigen, mehrere Meter langen kunstvollen Konstruktion. Unter den Prozessionsteilnehmern befindet sich auch der Erzbischof von Madrid.





Offensichtlich hat der Prozessionszug an der Almudena-Kathedrale begonnen – der gewaltige Kirchenbau begann im 19. Jahrhundert und wurde erst 1993 fertiggestellt. Gleich daneben befindet sich ein weiterer Prachtbau der spanischen Metropole: der 1734 – 1764 errichtete Palacio Real, den der damalige König Philipp V. nach dem Vorbild von Versailles gestalten ließ.


Vorbei an der hübschen Parkanlage Plaza de Oriente laufen wir bei herrlichem Frühlingswetter und angenehmen Temperaturen noch bis zur Plaza de España, an der sich unter anderem ein überdimensionales Standbild für den Nationaldichter Miguel de Cervantes befindet. Ein abwechslungsreicher und interessanter Tag in Madrid geht zu Ende!

